Seit Sommer 2023 verantworten neben Chef-Trainer Joe Enochs und Co-Trainer Andreas Patz zudem Torwart-Trainer Philipp Tschauner, Athletik-Trainer Christoph Rezler und Reha-Trainer Philipp Paintner die Spezialgebiete rund um die Jahnelf. Im Jahnzeit-Interview stellen sie sich vor und erzählen von ihren Fachbereichen, geben aber auch Einblick in die tägliche Arbeit mit den Jahn Profis.
Torwart-Trainer Philipp Tschauner: "Aus eigener Erfahrung vieles einbringen"
Jahnzeit: Welche Attribute sind dir bei einem Torhüter besonders wichtig, was muss er mitbringen?
Philipp Tschauner: Die Anforderungen an einen Torhüter haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Der Fußball und das Torwartspiel sind komplexer geworden. Das liegt auch größtenteils daran, dass sich das Mannschaftsspiel verändert hat. Früher musste ein Torhüter nur auf den Ball draufhauen und ihn so weit wie möglich klären. Das ist heute definitiv anders. Wir sehen einen flachen, variablen Spielaufbau, wo der Torhüter deutlich eingebunden und gefragt ist und das nicht nur bei Abstoßsituationen.
Hinzu kommt, dass sich der Fußball im athletischen Bereich weiterentwickelt hat. Alles läuft heute in einer höheren Geschwindigkeit ab. Prinzipiell ist es mir wichtig, dass meine Torhüter eine positive Körpersprache und damit eine Ausstrahlung mitbringen. Sie sollten zudem im fußballerischen Bereich gut ausgebildet sein und Situationen mit dem Ball am Fuß lösen können. Mit am allerwichtigsten ist aber der Ehrgeiz und Fleiß, jeden Ball unbedingt halten zu wollen. Das sind meine grundlegenden Attribute, von wo aus natürlich viele Zweige in die spezifischen Bereiche weggehen.
Wie versuchst Du diese Attribute zu trainieren?
In erster Linie ist es bei mir so, dass ich es bevorzuge, viele Torhüter im Training dabei zu haben. Das Torwartspiel ist sehr komplex und es entstehen immer wieder neue Situationen, beispielsweise wenn sich der Gegner im Strafraum befindet. Da sind viele kleine schnelle Bewegungen wichtig, es müssen in kürzester Zeit viele Entscheidungen getroffen werden. Das will ich ins Training transportieren. Deshalb trainiere ich oft mit mehreren Toren, weil so viele verschiedene Szenarien entstehen oder sich darstellen lassen. Mir ist es außerdem wichtig, alle Torhüter permanent in verschiedenen Positionen zu involvieren, um sie unterschiedlichen Perspektiven auszusetzen und diese wahrnehmbar zu machen. Wo muss ich wie welche Entscheidung treffen und was resultiert daraus. Diese Frage müssen sie in kürzester Zeit beantworten und danach handeln können. Das Training soll so spielnah wie möglich sein. Dass ein Torhüter mit den Händen auf den Knien neben dem Pfosten steht und nur beobachtet, wird nie vorkommen. Als Torwart ist man nie teilnahmslos, sondern immer mittendrin. Die Konzentration muss immer auf einem hohen Level sein.
Hier ist es dir auch wichtig den Nachwuchstorhütern eine Chance im Training zu geben, oder?
Richtig. Für einen Verein ist es das Schönste, einen Torwart aus der eigenen Jugend nach oben zu befördern und ihn über einen langen Verlauf zu begleiten. Natürlich ist es auch für die jungen Torhüter eine schöne Geschichte, sich bei den Profis zu beweisen und das dann auch noch bei seinem Verein. Der SSV Jahn setzt auf junge Spieler, wir setzen auf den Nachwuchs aus der Jahnschmiede. Regensburg braucht junge Spieler aus der Region, die hier Status Profifußballer erreichen wollen. Ich möchte die großen Talente hier fördern.
Mit meiner Präsenz und Lautstärke kann ich mich gut einbringen.
Alexander Weidinger ist mit 26 Jahren der älteste im Gespann. Was steckt hinter der Entscheidung, auf ein so junges Torhüter-Quartett zu setzen?
Das ist definitiv so gewollt und als junger Torwarttrainer, der ich bin, auch sehr passend. Die Jungs haben schnell gemerkt, welche Form von Training ich vorgebe und wie ich als Trainer bin. Bei jungen Torhütern kann ich besser gewisse Mechanismen implementieren. Das ist bei einem erfahrenen Torhüter, der in seinem Alter vielleicht nicht mehr so offen für neue Inhalte ist, nicht mehr in der Form möglich. Die Torhüter haben sich auf mich und meine Art und Weise gut eingelassen und gehen den Weg mit. Da ich selbst vieles in meiner aktiven Zeit als Profi erleben durfte, kann ich aus eigener Erfahrung vieles einbringen. Der ein oder andere hört schon immer gespannt zu, wenn ich ein paar Geschichten von damals erzähle. Das hilft, ihnen einige wichtige Dinge mit auf den Weg zu geben, weil sie auch wissen, wie ich trainiert habe sowie trainiert wurde und welche Erfolge ich feiern konnte.
Wie hast Du dich in der Rolle als Trainer eingefunden?
Ich habe mich hier beim SSV Jahn Regensburg sehr gut eingelebt. Als Trainerteam haben wir uns gut kennenlernen können und wir arbeiten sehr gut zusammen. Mit meiner Präsenz und Lautstärke kann ich mich gut einbringen. Was ich merke: Es macht mir einfach unfassbar viel Spaß, mit den Jungs auf dem Platz zu stehen, mir Übungen auszudenken und die Entwicklung der Jungs voranzutreiben. In unseren Abläufen ist ein sehr guter Flow zu erkennen. Ich fühle mich bestätigt in der Entscheidung, Torwart-Trainer zu werden. Auf dem Platz bin ich voll bei der Sache und wenn dann am Wochenende das funktioniert, was wir unter der Woche trainiert haben, geht mir das Herz auf.
Wann hast Du realisiert, dass das deine Profession werden könnte?
Realisieren tut man es immer erst, wenn man es ausführt. Nach dem Karriereende war es Thema ins Team-Management zu wechseln und ein bisschen im Hintergrund der Mannschaft zu arbeiten. Als Spieler habe ich schon gerne organisatorische Sachen übernommen. Die Entscheidung hat mir der damalige Sportdirektor abgenommen und es wurde vertraglich festgelegt, im Nachwuchsbereich von RB Leipzig das Torwarttraining zu leiten. Es war eine gute Entscheidung und es ist immer wieder schön, seine Erfahrungen an Torhüter – egal ob 9-Jährige oder Erwachsene – weiterzugeben.
Gebürtig stammst Du aus Nürnberg und konntest dort auch deine Karriere beginnen. Welche Verbindung hast Du noch zu deiner Heimat?
Nürnberg ist meine Heimat, ich bin dort groß geworden, habe mich in der Jugend zum Profi entwickelt und mit 18 Jahren mein Bundesligadebüt gefeiert. Ich lebe auch immer noch in Nürnberg. Trotzdem ist der SSV Jahn ein besonderer Verein und hat einen großen Stellenwert für die gesamte Region. Hier ist es möglich, auf einem hohen Niveau zu arbeiten, dafür bin ich sehr dankbar.
Zur letzten Frage darfst Du eine lustige Anekdote über den nächsten in der Interview-Reihe erzählen: Christoph Rezler.
Ja, er hat tierische Probleme mit Druck (lacht). Er kommt ein wenig aus der Leichtathletik und da hat ihm das bestimmt ein wenig das Bein gestellt. Er verspürt beim Kick in der Kreisklasse genauso viel Druck wie vor einem Lauf um die deutsche Meisterschaft. Wann geht Druck los und wie geht man damit um? Da ist er einfach ein wenig zu nervös oder hat Angst davor zu versagen, auch wenn er gut vorbereitet ist. Da ist das Fußball-Tennis-Match gegen den Trainer oder Co-Trainer schon eine absolute Drucksituation. Das ist für mich eine lustige Angelegenheit. Da muss er sich den einen oder anderen Spruch gefallen lassen, von mir aber auch vom Trainerteam. ag
Das vollständige Interview lest Ihr in der multimedialen Ausgabe. Hier gelangt Ihr direkt dorthin.
Athletik-Trainer Christoph Rezler: "Sich in den physisch besten Zustand bringen"
Jahnzeit: Wer würde ein Sprintduell wohl gewinnen: Du oder Konni Faber?
Christoph Rezler: Das kommt auf die Distanz an.
Über welche Distanz würdest du gewinnen?
Ich würde über die 400 Meter, glaube ich, gewinnen (schmunzelt). Ich war 800 Meter Läufer, auf dieser Distanz bin ich mir relativ sicher, ihn zu besiegen. Das ist aber auch eine herausfordernde Distanz, bei der es richtig weh tut. Hier gilt es dann, sich durchzubeißen. Auf den 100 Metern werde ich keine Chance haben und erwarte eigentlich von ihm, dass er aufjedenfall gewinnt. Wobei ich schon noch eine ordentliche Geschwindigkeit besitze, auf 33 km/h müsste ich noch kommen. Die Frage ist, ob ich das Tempo so lange halten kann.
Wie verlief deine Leichtathletikkarriere?
Sie war tatsächlich gar nicht so lang. Ich war auf der Sporthochschule, ich war 800 Meter Läufer, habe aber relativ früh, bevor ich 18 Jahre geworden bin, meinen Kaderplatz verloren. So hat die Leichtathletik bei mir persönlich auch weniger Relevanz gehabt. Währenddessen habe ich nebenbei noch Fußball gespielt und angefangen, Motorradrennen zu fahren. Ich probiere gerne viele neue Sachen aus. Für die Leichtathletik besaß ich auch nicht das richtige Nervenkostüm. Auf den Punkt da zu sein, hat mal mehr, mal weniger funktioniert, mental ist es eine größere Herausforderung als beispielsweise im Mannschaftssport. Als ich noch jünger war, konnte ich die gesamte Verantwortung, die auf mir in diesem Moment lastete, nicht in die richtigen Bahnen lenken. Dass ich dann in anderen Sportarten nicht schlecht war, hat mir geholfen, damit umzugehen, aber vermutlich auch verhindert, in einer Sache richtig gut zu werden. Die Zeit war eine gute Schule für mich, gerade wenn man jetzt Leistungssportler trainiert. Jetzt kann ich aus Erfahrung sprechen und sie begleiten, damit ihnen nicht das gleiche passiert. Meine Leichtathletikkarriere war, um auf die Frage zurückzukommen, tatsächlich sehr kurz, auch wenn ich später mich noch als Extrem-Hindernisläufer versucht habe und das ganz gut lief (schmunzelt). Dass ich in dieser Nische dann erfolgreich war, hat mir viel Spaß bereitet. Wirklich als Trainer zu arbeiten habe ich mit 22 Jahren begonnen.
Man merkt, Du bist ein umtriebiger Charakter.
Ja, mein Vater ist gestorben, als ich 21 Jahre alt war. Das war so ein Punkt in meinem Leben, der mich ganz schön umgehauen hat und worüber ich viel nachgedacht habe. Er ist in seinen 50ern verstorben und hat sicherlich selbst noch eine Menge vorgehabt. In mir sind dann diese Dinge aufgekommen, die ich unbedingt sehen, machen und erleben möchte in meinem Leben. Ich hatte zu dieser Zeit einen sehr guten Freund, der in Australien war. Da ich seit ich klein bin, Snowboard, Skateboard und Wakeboard fahre, hat er mich dazu animiert auch nach Australien zu kommen und dort in einem Surfcamp als Lehrer zu arbeiten. Mit 23 Jahren habe ich mein Auto verkauft, meine Wohnung untervermietet und den Flug gebucht. Es war eine sehr schöne Zeit. Über Australien ging es dann über die USA, nach Costa Rica und nach Bali. Es war eine sehr bewegte, aber tolle Zeit in meinem Leben. Mein Hauptziel war es, Surflehrer und Rettungsschwimmer zu werden, das habe ich erreicht. Der beste Nebeneffekt, der mir auch nachhaltig am meisten gebracht hat, ist, dass ich perfektes und fließendes Englisch spreche. Das hilft mir im Umgang mit Menschen aus verschiedenen Ländern, aber auch im sportwissenschaftlichen Kontext. Ich bin wirklich dankbar für all die Erfahrungen, die ich sammeln durfte.
Gibt es noch etwas, das Du noch erleben möchtest?
Tatsächlich habe ich zwei Dinge, die ich unbedingt machen will. Das wäre einmal Heliboarden in Alaska. Das bedeutet, dass du mit einem Helikopter auf einem Berg abgelassen wirst und dann in unberührter Natur snowboarden. Das ist aber jetzt mit der Tätigkeit im Profifußball schwer zu vereinbaren. Und das zweite ist: Ich möchte unbedingt einen 6000-Meter-Berg besteigen. Es sind beides extreme Erlebnisse, aber ich hoffe, dass ich irgendwann die Zeit finde, mich wieder so körperlich in Schuss zu bringen.
Warst Du schon immer ein Adrenalin-Junkie?
Auf jeden Fall. Das ist schon immer so gewesen von Kindesbeinen an. Mein bester Freund ist mit 19 Jahren in Alpen beim Klettern gestorben. Er war ein ähnlicher Typ. Mich haben schon immer Sachen gereizt, die waghalsig sind, die ein gewisses Risiko mit sich bringen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben.
Mit Übungen helfen, sich physisch weiterzuentwickeln
Wie hat sich das Athletiktraining über die Jahre verändert?
Es hat eine rapide Entwicklung in die richtige Richtung genommen, aber ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Athletik ist die Basis für den Fußball. Profi- und Leistungssport bedeutet, sich in den besten physischen Zustand zu bringen. Die Anforderungen haben sich hier deutlich gewandelt, der Fußball ist schneller und physischer geworden. Die Messlatte liegt im athletischen Bereich deutlich höher als vor ein paar Jahren. Es ist viel wichtiger geworden, sich auf ein entsprechendes Niveau zu bringen, um im Profifußball zu bestehen. Diese Entwicklung begrüße ich und finde es auch gut, Einflüsse aus anderen Sportarten aufzunehmen. Gerade die Intensität ist in der 3. Liga beispielsweise besonders.
Zur letzten Frage darfst Du eine lustige Anekdote über den nächsten in der Interview-Reihe erzählen: Philipp Paintner.
Für mich ist es das erste Mal, dass ich in Bayern bin. Ich warschon eine Zeit lang in Köln. Dort hatte ich in Sprachen nicht so große Probleme. Hier habe ich aber gemerkt, wie es sich anfühlen muss, in den tiefsten Osten zu kommen. Teilweise verstehe ich nicht viel. Wenn bei Philipp wenn irgendwas passiert, das ihn völlig beeindruckt oder überrascht, dann sagt er immer “Heiligs Blechle”. Diesen Ausdruck habe ich zuvor noch nie gehört und ich glaube, er kommt auch eher aus dem Amberger Raum, aus dem Philipp stammt. Ich ziehe ihn damit auf und versuche es genau im gleichen Dialekt zu sagen wie er. Das klappt noch nicht so gut, aber ich übe viel (schmunzelt).
Das vollständige Interview lest Ihr hier in der multimedialen Ausgabe.
Reha-Trainer Philipp Paintner: "Arbeite mit jedem Spieler individuell"
Jahnzeit: Im Sommer bist Du aus dem Leistungszentrum Jahnschmiede zu den Profis hochgezogen worden. Wie hast Du es erlebt, mehr oder weniger ein Gebäude weiter gewechselt zu sein?
Philipp Paintner: Die Kulisse hat sich natürlich deutlich verändert, ein gutes Gefühl war die Umstellung aber auf jeden Fall. Insbesondere fühle ich erstmal Stolz und Freude, da es eine Anerkennung für meine zahlreichen Ausbildungen und unsere Arbeit in der Jahnschmiede ist. Vor knapp fünf Jahren haben wir im konzeptionellen Bereich angefangen das Athletik- und Rehatraining auszuarbeiten und zu erweitern. Das habe ich unter anderem damit angestoßen. Ich habe mich hauptsächlich um die verletzten Spieler gekümmert und die Athletik im Konzeptionellen entwickelt, sodass sich durch die Mannschaften der Jahnschmiede im athletischen Bereich ein roter Faden zieht. Damit sich ähnlich der Jahn Spielphilosophie eine Einheitlichkeit durchzieht. Im Vergleich zum Nachwuchsbereich weht hier bei den Profis ein anderer Wind. Es steht viel mehr auf dem Spiel. Die Ansprüche sind höher, die jeder an sich selbst hat. Das sieht man besonders bei den älteren Spielern, die über Erfahrung in der 1. und 2. Bundesliga verfügen. Man muss robust sein und innerhalb seiner Vorgaben und Freiheiten einen eigenen Weg entwickeln.
Wie unterscheidet sich die inhaltliche Arbeit bei den Profis im Vergleich zu den Talenten aus dem Nachwuchs?
Inhaltlich habe ich es ähnlich aufgezogen. Im Jugendbereich muss man die Belastung mehr steuern. Bei den Profis sind alle ausgewachsen, bringen ein gewisses Fundament mit, sei das jetzt nativ oder muskulär. Die Nachwuchsspieler befinden sich noch im Wachstum, wodurch gewisse Belastungen nicht möglich sind. Von der Idee her unterscheidet sich letztlich nicht viel, da ich aus dem Reha-Bereich kommend viel präventiv mit den Spielern arbeiten möchte. Im Grunde sind die Komponenten, die die Hüfte umgeben, elementar und zu stabilisieren, weil sie im Fußball enorm wichtig sind. Die Schwerpunkte, um die Körpermitte zu kräftigen, sind dann ähnlich aufgebaut. Vieles geht von einem stabilen Rumpf aus, weil das der Anker im Grunde ist. Der muss gefestigt sein, um beispielsweise im Zweikampf stabil zu sein. Einen idealtypischen Fußball-Athlet gibt es meines Erachtens nicht, weil auch sehr viel positionsabhängig abgestimmt wird. Es gibt verschiedene athletische Komponenten, die erfüllt sein müssen.
Oft fühlen sie sich zu fit und steigen zu früh voll ein
Als Co-Trainer Reha begleitest Du die verletzten Spieler. Was bedeutet das, zum Beispiel bei den Kniepatienten Eric Hottmann und Erik Tallig?
Bei solchen Verletzungsthematiken werden sie extern betreut, bis sie einen gewissen Status erreicht haben. Mit unserem Kooperationspartner stehe ich im permanenten Austausch bei einer solch intensiven Reha-Betreuung. In der Endphase der Reha werden die Spieler vor Ort von mir betreut, um sie wieder an das Mannschaftstraining heranzuführen. Beide sind auf einem guten Weg. Erik Tallig ist öfter am Trainingsgelände und arbeitet vor Ort in vielen Bereichen. Eric Hottmann ist auch schon wieder auf dem Platz und arbeitet mit Trainern in Donaustauf. Im April wollen wir ihn hier in unserem Trainingszentrum am Kaulbachweg wieder an die fußballspezifischen Bewegungsmuster heranführen.
Welchen Ansatz verfolgst Du bei solch schweren Verletzungen?
Gerade beim Kreuzbandriss gibt es grobe Anhaltspunkte, die auf eine Dauer von 9 Monaten schließen lassen. Bis das Kreuzband vollständig wiederhergestellt ist, kann es viel länger dauern und es kommt auch auf die Belastung an. Dementsprechend ist es auch Aufgabe von Jahn Physio Tobias Rutzinger und mir, ihn zu schützen. Oft fühlen sie sich wieder fit und bereit, ins Training frühzeitig einzusteigen. Gerade dann kann es anfangs gut gehen und bei einem kleinen Rückschlag alles schlimmer machen. Das ist gefährlich. Solche Hochphasen sind gleichzeitig sensible Phasen für das Kreuzband und können beispielsweise zu Re-Rupturen führen. Daher sind immer ein gesundes Augenmaß und eine offene Kommunikation zwischen dem Spieler und dem Trainerteam notwendig.
Wie wichtig ist die Abstimmung mit den anderen Trainern?
Gerade am Anfang, wenn der Spieler noch nicht fürs Team-Training geeignet ist, ist eine ständige Abstimmung sehr notwendig. Es kommt oft vor, dass der Spieler kontrolliert mehr trainiert. Das muss beispielsweise mit dem Physioteam abgestimmt werden, weil sie das besser beurteilen und fühlen können. Wenn der Spieler dann zwar Schmerzen hat, die Verletzung aber trotz Belastung stabil ist, sind das wichtige Erkenntnisse, die in das weitere Vorgehen hineinspielen.
Wie wichtig ist es auch, zu den verletzten und nicht nominierten Spielern eine menschliche Verbindung zu haben?
Jeder Spieler ist wichtig und letztlich arbeite ich mit jedem Spieler individuell, entweder an den Verletzungsproblematiken oder entsprechend in anderen Teilbereichen, wo die Spieler noch Potenziale besitzen. Zu den Jungs habe ich wirklich zu jedem eine gute Verbindung. Wie das Training angenommen wird, hängt aber vom Spieler ab. Die Spieler, die nicht im Kader sind, nehmen es natürlich unterschiedlich auf. Ich versuche, für alle ein offenes Ohr zu haben und viel mit ihnen zu reden. Wichtig ist nur, dass sie ebenfalls im Rhythmus bleiben und sich fit halten.
Wie sehr leidest Du selbst bei schweren Verletzungen?
Das ist schon immer ein schwerer Schicksalsschlag, an dem die Jungs anfangs immer hart zu knabbern haben. Die Anfangsphase ist sehr schwierig, weil du kaum etwas machen kannst. Irgendwann realisiert man, dass es aber vorangeht. Lange nach hinten schauen bringt nichts. Jeder verletzte Spieler ist manchmal traurig und in einem mentalen Sumpf, aber am Ende muss das Geschehene verarbeitet und der Blick in die Zukunft gerichtet werden. Früher habe ich bei den Verletzungen sehr mitgelitten. Mittlerweile gehören leichte Blessuren zum Tagesgeschäft, doch bei schweren Verletzungen wie bei Eric Hottmann oder Erik Tallig tut mir das noch immer weh. Da habe ich die Situationen immer noch vor Augen und bekomme dabei immer noch Gänsehaut. Wichtig ist aber auch hier positiv zu bleiben und den Fokus auf das Rehatraining zu richten.
Ende vergangenen Jahres bist Du erstmals Vater geworden. Wie stehts mit dem Familienglück?
Sehr gut. Wir sind sehr zufrieden. Ich kann immer nur wieder betonen, mein Sohn Kilian schläft sehr gut (schmunzelt). Jeder, der Kinder hat, weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, aber er kommt in der Nacht auf sieben, acht Stunden Schlaf. Das macht es für meine Frau und mich deutlich entspannter. Die Geburt hat mein Leben schon positiv bereichert. Wenn ich nach einem anstrengenden Arbeitstag heimkomme und sein Lachen sehe, ist alles wieder gut. Ein sehr schönes Gefühl. Ich genieße es sehr, mit meiner Frau und dem Kinderwagen spazieren zu gehen. Mit einem Bild auf meinem Schreibtisch begleitet mich Kilian auch während des Arbeitstags, gerade sein spitzbübisches Lächeln bereitet mir sofort gute Laune.
Da wir von allen eine lustige Anekdote gehört haben, darfst Du den Kreis schließen und eine über Andreas Patz erzählen.
Ich genieße meistens die Momente im Trainerbüro, ohne mir das lange zu merken. Andi liebt meinen Honig, den ich in der Küche stehen habe. Besonders ist er aber beim Fußball-Tennis aktiv und duelliert sich regelmäßig mit Joe Enochs. Er besitzt auf jeden Fall eine Menge Ehrgeiz. ag
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