In der Winterpause wechselte Offensivspieler Nicklas Shipnoski auf Leihbasis für eineinhalb Jahre von Fortuna Düsseldorf zum SSV Jahn. In Rostock hat er seinen ersten Zweitliga-Treffer markiert. Ein Porträt über den Pfälzer, der es mit Talent und viel Ehrgeiz zum Fußballprofi geschafft hat.
Erik Wekesser und Leon Guwara kombinieren sich am linken Flügel durch, Letzterer bringt den Ball flach in den Strafraum. In der Mitte verpassen gleich mehrere Spieler, der Ball rutscht durch auf den langen Pfosten. Dort steht Nicklas Shipnoski und zieht ab – und der Ball landet im Tor des F.C. Hansa Rostock. Es ist der Ausgleich für die Jahnelf in der 59. Minute im Ostseestadion – vor 24.000 Zuschauern am Ostersonntag. „Ich habe erst gedacht, dass er nicht reingeht. Als er dann doch drin war, hat es mich umso mehr gefreut“, sagte Shipnoski nach dem Spiel. Als der Ball drin war, drehte er ab zum Jubel, er zeigte mit seinen Fingern ein „L“ in die Luft und wurde von seinen Mitspielern geherzt. Das „L“ war ein Gruß an die Familie. Sein Bruder Christopher wurde vor zwei Wochen Vater und Onkel Nicklas widmete das Tor seinem Neffen.
Für Shipnoski war es im 42. Zweitliga-Spiel sein erster Treffer und damit auch sein erster im Trikot des SSV Jahn. Die Freude darüber war ihm nach Spielende anzusehen: „Ich hatte heute ein gutes Gefühl auf dem Platz.“ Nach dem Gegentor hatte er noch das Gefühl, dass er es womöglich hätte verhindern können, wäre er ein bisschen früher an seinem Gegenspieler drangewesen. Umso besser, dass er auf der anderen Seite zuschlagen konnte. „Ich spüre hier beim Jahn viel Vertrauen“, sagt er. „Das konnte ich nun ein Stück weit zurückzahlen und will das auch weiterhin. Es macht mir viel Spaß hier.“
Früh ein "Roter Teufel"
Den Spaß am Fußball hat Nicklas Shipnoski früh entdeckt. Mit sechs Jahren fing er im Verein an zu kicken, bei seinem Heimatverein SG Kirchheimbolanden/Orbis. Keine zwei Jahre später empfahl er sich über ein Sichtungstraining für die Jugendmannschaft des 1. FC Kaiserslautern. Shipnoski war bei seinem Wechsel gerade einmal acht Jahre alt und die „Roten Teufel“ damals noch Bundesligist. Anfangs in der U9 wurde zweimal wöchentlich trainiert, von Jahr zu Jahr steigerte sich der Umfang und der Aufwand. Shipnoski verbrachte viel Zeit auf der rund 40 Kilometer langen Strecke zwischen Kirchheimboladen und Kaiserslautern. „Schule, Fußball, Essen, Schlafen – so sah damals mein Alltag meistens aus“, erzählt er.
Shipnoski hat die Strapazen gerne auf sich genommen, auch weil es sportlich gut lief und er Perspektive sah. Er zählte stets zu den zwei, drei Besten in seiner Mannschaft. „Anfangs war es natürlich ein Traum, Fußballprofi zu werden. Später, so mit 15, 16 Jahren, wurde es dann immer mehr zum Ziel.“ Der Offensivspieler entwickelte einen Ehrgeiz, es nach oben zu schaffen und am Betzenberg für die FCK-Profis aufzulaufen. Sehr ehrgeizig, sagt Shipnoski, sei er schon immer gewesen – und bis heute geblieben: „Auch wenn ich ein Tennis-Match in meiner Freizeit spiele, will ich immer unbedingt gewinnen.“
Mit dem Ehrgeiz schaffte es Shipnoski auch, sich seinen Traum zu erfüllen: Im Oktober 2016 wurde er am Betzenberg gegen den VfL Bochum zu seinem ersten Profispiel eingewechselt. Zwar nur drei Minuten – aber drei Minuten, die für ihn in diesem Moment ganz viel bedeutet haben. „Damit ging ein großer Traum in Erfüllung. Alle meine Freunde waren FCK-Fans, ich komme aus der Region. Da war es etwas ganz Besonderes, für die Profis auflaufen zu dürfen.“
Schnell die Härte des Profifußballs gespürt
Für Shipnoski war der Start ins Profileben aber auch eine Zeit, in der er das Fußballbusiness gleich mit voller Härte zu spüren bekam. In knapp eineinhalb Jahren hatte er fünf Trainer, unter denen er spielte. „Da lernst du früh, worauf es im Profifußball ankommt, dass du stark sein musst“, sagt er. „So viele Wechsel sind natürlich nicht einfach, wenn du als junger Spieler gerade reinfinden willst in den Männerfußball.“ So wurde es für ihn ein Wechselbad der Gefühle. Es gab Trainer, die setzten auf ihn, bei anderen spielte er gar keine Rolle. „Ich habe da in kurzer Zeit sehr viele Facetten des Fußballgeschäfts kennengelernt“, so Shipnoski. Am Ende seiner zweiten Profisaison stand letztlich der Abstieg des FCK aus der 2. Bundesliga – und Shipnoski zog weiter zum Drittligisten SV Wehen Wiesbaden.
So schwer es einerseits war, den Heimatverein zu verlassen, so gut war der Schritt rückblickend. „Ich war das erste Mal weiter weg von zu Hause und musste in einem neuen Umfeld neu anfangen“, sagt Shipnoski. Und dieser Re-Start gelang ihm sehr gut. Shipnoski gehörte beim SVWW zum Stammpersonal und trug seinen Teil zum Aufstieg in die 2. Bundesliga bei. „Der Schritt in die 3. Liga nach Wehen war rückblickend optimal für mich“, sagt der heute 24-Jährige. Der Aufstieg hatte aber auch seine Schattenseiten. Denn im Zweitliga-Jahr bei Wehen spielte Shipnoski nicht mehr so viel, am Ende stand deutlich der Abstieg zu Buche.
Für Wehen Wiesbaden und Shipnoski ging es zurück in Liga 3 – aber nicht mehr gemeinsam. Der Pfälzer wechselte zum 1. FC Saarbrücken, wo er für mächtig Furore sorgte. 15 Tore und zehn Vorlagen in 33 Einsätzen ließen wieder höherklassige Clubs auf ihn aufmerksam werden. Am Ende entschied er sich für den Schritt zu Fortuna Düsseldorf. Ein neuer Anlauf in Liga zwei. Zwar kam er für den Ligakonkurrenten des Jahn elfmal zum Einsatz, der richtige Durchbruch gelang ihm in der Hinserie allerdings nicht. Deshalb folgte schließlich im Winter die auf eineinhalb Jahre ausgelegte Leihe zum Jahn.
"Kontinuität und Vertrauen" als wichtige Faktoren
Dass er auch in der 2. Liga ein wichtiger Spieler sein kann, muss Shipnoski also noch unter Beweis stellen. Der Treffer in Rostock war auf jeden Fall ein wichtiger Baustein dafür. Der Mittelfeldspieler ist überzeugt davon, dass der Jahn das richtige Umfeld bietet, dass er den Sprung in die 2. Liga nachhaltig schafft. „Für diesen Schritt sind zwei Komponenten sehr wichtig für mich: Kontinuität und Vertrauen. Beides sehe ich beim Jahn gegeben.“ Er ist überzeugt, dass die Jahn Spielidee sehr gut zu seinen Stärken passt: „Das schnelle Spiel nach vorne, das Umschaltspiel, das hohe Tempo sind alles Punkte, die mir sehr entgegenkommen.“ Seine bisherigen Eindrücke vom Umfeld und der Mannschaft stimmen ebenso: „Der Jahn steht nach außen immer für eine große Mentalität und für begeisternden Fußball. Das sehe ich bislang als bestätigt und es macht mir viel Spaß.“
Auch die Länge der Leihe ist sehr bewusst gewählt, da die Spielidee des Jahn sehr speziell ist. „Im ersten halben Jahr ist es das Ziel, dass ich gut reinfinde, dass ich alles verinnerliche und im Sommer mit Start der Vorbereitung weiß, was auf mich zukommt und was von mir gefordert wird. Dann will ich in der nächsten Saison voll durchstarten und mich zum Stammspieler entwickeln“, blickt Shipnoski voller Tatendrang voraus. Die Jahnfans würden sich sicher freuen, wenn sie ihn öfter jubeln sehen wie beim Tor am vergangenen Sonntag in Rostock.