Hinter Christian Martin liegen intensive Monate, sehr intensive sogar. Neben seinen Aufgaben als Leiter der Jahnschmiede und Trainer der U15 hat er den Lehrgang zur A+-Lizenz absolviert. Kurz vor Weihnachten hielt er die neu geschaffene Trainerlizenz, die spezialisiert auf die Arbeit im Spitzennachwuchsfußball ist, in den Händen. In der Jahnzeit spricht er darüber.
Jahnzeit: Christian, wie froh bist du, dass mit der Trainerlizenz nun einer von drei zeitintensiven Bereichen abgeschlossen ist?
Christian Martin: Sehr froh natürlich. Es war schon sehr viel im vergangenen Jahr.
Wie sah das vergangene Jahr für dich aus? Auf der Homepage des DFB ist von 540 Lerneinheiten die Rede…
Wir hatten insgesamt 14 Präsenzphasen von drei bis vier Tagen in Hennef, Dortmund oder Bochum. Neben der Zeit vor Ort war natürlich auch der Fahrtaufwand nicht unerheblich. Dazu kam eine Hospitation im Ausland und zusätzlich zu den Präsenztagen galt es noch über 100 Leistungen zu erbringen, sodass es insgesamt zeitlich schon sehr fordernd war.
Wie war das für dich vereinbar mit den Aufgaben hier in der Jahnschmiede?
Insgesamt war es natürlich sehr viel und hat schon dazu geführt, dass es kaum freie Tage gab. Das war ein großer Spagat, zumal auch die Aufgaben in Regensburg auch nicht weniger wurden. Aber durch die Unterstützung aller Kollegen war es am Ende zu bewältigen.
Wie beurteilst du die Neustrukturierung der Trainerlizenzen, dass – kurz zusammengefasst – spezieller zwischen der Arbeit im Herren- und Jugendfußball unterschieden wird?
Der Lehrgang ist deutlich umfangreicher und detaillierter, fast schon ein kleines Studium. Die neue Struktur ist viel praxisbezogener als bislang. Insgesamt erachte ich diese neue Konzeption der Lizenzen als absolut sinnvoll.
"Der Lehrgang ist deutlich umfangreicher und detaillierter, fast schon ein kleines Studium. Die neue Struktur ist viel praxisbezogener als bislang."
Was sind denn die speziellen Herausforderungen, auf die man in der Arbeit im Spitzen-Nachwuchsfußball trifft?
Der Job als Jugendtrainer ist in erster Linie Spieler zu entwickeln. Diese Aufgabe ist sehr vielschichtig, denn du hast mit unterschiedlichen Altersklassen zu tun, in denen unterschiedliche Dinge gefordert sind, heißt: eine U11 ist nicht mit einer U19 oder U21 vergleichbar. Gerade in meiner Position muss ich aber das ganze Spektrum abdecken und im Blick haben. Deshalb ist das Aufgabenprofil schon anders zu einem Trainer im Herrenbereich. Denn dort ist die Hauptaufgabe, eine Gruppe zu führen und am Wochenende möglichst erfolgreich zu sein. Natürlich will man im Nachwuchsbereich auch erfolgreich sein, aber viel mehr im Fokus steht die Entwicklung des Einzelnen. Und das nicht nur bei fußballerischen Themen, sondern auch bei anderen Aspekten wie Ernährung, Schlaf oder der Strukturierung einer Woche. Da macht es definitiv Sinn, sich zu all den Punkten Expertenwissen zu holen. Der größte Mehrwert des Lehrgangs ist aus meiner Sicht allerdings, dass du ein Jahr lang mit anderen Trainern, die ebenfalls auf höchsten Niveau im Nachwuchsfußball arbeiten, zusammen bist und dich mit ihnen permanent austauschen kannst.
Du hast vorhin die Auslandshospitation bereits erwähnt. Diese hat dich nach Spanien zu Athletic Bilbao geführt. Was ist aus dieser Zeit bei dir speziell hängen geblieben?
Bilbao hat eine ganz außergewöhnliche Philosophie, dass sie seit über 100 Jahre ausschließlich auf baskische Spieler setzen. Das Baskenland hat rund 2,3 Millionen Einwohner. Das sind nicht wirklich viele, um daraus die Spieler für eine Top-Nachwuchsarbeit und später den Profifußball zu rekrutieren. Dadurch bist du einerseits eingeschränkt, andererseits hast du aber auch die Verpflichtung, noch detaillierter und genauer zu arbeiten und auf die Spieler zu setzen, die da sind. Sie haben einen Leitsatz: „Yo creo en ti“, das heißt „Ich glaube an dich“. Das ist bei mir schon hängengeblieben. Der unbedingte Glaube an die Talente und den Spielern auch mal die nötige Zeit zu geben, ist im Nachwuchsfußball elementar. Ich glaube, in Deutschland ist man da oft viel zu ungeduldig, gerade was den Übergang in den Profibereich anbelangt.
"Der unbedingte Glaube an die Talente und den Spielern auch mal die nötige Zeit zu geben, ist im Nachwuchsfußball elementar."
Kann man diese Situation auch auf Ostbayern und die Jahnschmiede herunterbrechen?
Ein Stück weit ist die Situation schon vergleichbar. Wir haben ebenfalls den Ansatz, in erster Linie die besten Spieler unserer Region auszubilden und in vielen weiteren Punkten Parallelen. Deshalb ist es auch bei uns unabdingbar, dass wir das Vertrauen in die Spieler aus unserer Region haben. Athletic macht im Alltag nichts völlig Neues oder Außergewöhnliches, aber sie machen die einfachen Sachen sehr gut. Darauf fokussieren sie sich, haben gute Bedingungen und gute Mitarbeiter. Die Ausbildung in der Basis ist für sie sehr wichtig, sie achten nicht zu früh auf Ergebnisse und haben Geduld. Natürlich wird dort auch selektiert, im Übergang von der U14 zur U15 wird zum Beispiel aus zwei Teams eines gemacht. Aber danach bauen sie wirklich auf die ausgewählten Spieler. Und das machen sie richtig gut, denn Bilbao ist neben Real Madrid und dem FC Barcelona der einzige Club, der seit der Gründung der Primera Division durchgehend erstklassig ist.
Das ganze Interview mit Christian Martin lest Ihr in der aktuellen Ausgabe der Jahnzeit. Die Februar-Ausgabe der Jahnzeit ist wie gewohnt entstanden in Zusammenarbeit mit den Partnern Valentum Kommunikation GmbH (Layout), die printzen (Druck) & iHeft (multimediale Ausgabe). Das Corporate Design stammt von seitenwind. Die neue Jahnzeit in gedruckter Form ist auch im Jahn Fanshop am Jahnstadion Regensburg sowie im Jahn Onlineshop erhältlich.