Seit Anfang Oktober ist Marco Langner neuer Torwarttrainer beim SSV Jahn Regensburg. In seiner Laufbahn als Spieler und Trainer hat er den Wandel des Torwartspiels und -trainings mitgemacht und schon mit einigen großen Namen zusammengearbeitet.
Marco Langner saß im September gerade im Auto, als sein Handy klingelte. Er war auf dem Weg in den Schwarzwald zu seiner Mutter und Mersad Selimbegovic rief ihn an. Zwei Jahre zuvor haben sich Langner und Selimbegovic kennengelernt und gleich eine gute Basis gehabt. Daran erinnerte sich nun auch der Jahn Chef-Trainer, als es um die Suche nach einem neuen Torwarttrainer für sein Trainerteam ging. „Mersad ist ein toller Mensch und ein toller Teamplayer, das habe ich sofort gemerkt“, schildert Langner heute seine ersten Eindrücke. „Wir sprechen eine identische Sprache. Das ist nicht nur die Denkweise über Fußball, sondern auch die Sicht auf das Leben allgemein“, sagt er. Langner hat schon viele Erfahrungen in seinem Leben gesammelt, Selimbegovic hat viele und prägende Erfahrungen gemacht. „Mersad ist in allen Belangen ein Jackpot für den Jahn“, sagt Langner. Weil er das Gefühl hatte, es passt, entschied er sich für den Schritt nach Regensburg und trainiert seit Oktober die Jahn Torhüter. Es passt und gerade auch wegen des Zwischenmenschlichen fühlt sich Langner beim Jahn richtig aufgehoben.
Denn das Gefühl, das Langner in den Gesprächen hatte, hat sich inzwischen bestätigt. „Der Jahn steht für Bodenständigkeit und Bescheidenheit und hat mit diesen Werten dennoch sehr viel erreicht in den vergangenen Jahren. Es sind das Betriebsklima, die offene Art und Ehrlichkeit, die den Umgang hier ausmachen.“ Das ist für Langner auch in der täglichen Arbeit mit dem Torwartteam sehr wichtig. Man müsse respektvoll umgehen, sich aber gegenseitig auch stetig antreiben. „Harte Arbeit aber dennoch mit Freude“, sei dabei sein Motto.
Die Bedeutung der Wiederholung
Zum Training der Torhüter gehört inzwischen mehr als noch zu der Zeit, als Langner selbst Torhüter war. Bei den Stuttgarter Kickers wurde der gelernte Bankkaufmann 1993 Fußballprofi. Über Waldhof Mannheim landete er beim SSV Reutlingen, wo er die meiste Zeit verbrachte und unter anderem den Aufstieg in die 2. Liga feierte. „Damals hat ein Co-Trainer ein paar Bälle aufs Tor geschossen, das war’s“, erinnert er sich. Heute sei eine Woche alleine durch das Techniktraining eigentlich schon gut abgedeckt. „Es geht darum, die Abläufe stetig zu wiederholen und auf eine saubere Technik zu achten, damit man sie in Stress- und Drucksituationen während eines Spiels jederzeit abrufen kann“, sagt Langner und zieht als Beispiel Ex-Basketballer Dirk Nowitzki heran: „Er konnte super Körbe werfen. Und dennoch hat er auch im hohen Alter Würfe, Würfe und nochmals Würfe gemacht, um im Flow zu bleiben und im Detail noch besser zu werden.“
„Damals hat ein Co-Trainer ein paar Bälle aufs Tor geschossen, das war’s“ (Marco Langner über seine Zeit als Torhüter)
In Reutlingen beendete Langner seine aktive Karriere und startete die Trainerlaufbahn. 2007 wechselte er als Torwarttrainer zum SC Freiburg. Robin Dutt holte ihn damals und Langner war in einem Trainerteam unter anderem mit dem heutigen Freiburg-Trainer Christian Streich. Knapp vier Jahre war er beim SC, dann zog er weiter mit Dutt – erst nach Leverkusen, dann zum Deutschen Fußball-Bund, wo er bei der U16 tätig war und später zu Werder Bremen und zum VfB Stuttgart. Zuletzt war Langner bei den Würzburger Kickers als Torwarttrainer aktiv, in seiner Geburtsstadt.
Von A(dler) bis Z(ieler)
Der im Schwarzwald aufgewachsene ehemalige Torhüter hat in seiner Laufbahn als Torwarttrainer einige prominente Keeper unter seinen Fittichen gehabt. In Freiburg war es Oliver Baumann, der inzwischen über 400 Bundesligaspiele bestritten hat. In Leverkusen René Adler und Bernd Leno. In Stuttgart der 2014er-Weltmeister Ron-Robert Zieler. Was die Torhüter auf dem absoluten Top-Niveau auszeichnet? „Sie sind vor allem mental stark“, sagt Langner. „Dazu haben sie natürlich Qualität und sind fleißig, zudem waren sie immer bescheiden.“
Dass Torhüter und Linksaußen ihre Macken haben, lässt Langner als Generalurteil nicht zu. „Das sind ganz normale Menschen. Natürlich gibt es auch ein paar Verrücktere, aber das ist nichts Eigenes bei den Torhütern und muss auch nichts Schlimmes sein“, betont er. „Alex hat zum Beispiel eine kleine Macke“, sagt Langner und lacht lauthals, ohne ins Detail zu gehen. Es ist liebevoll gemeint, wenn er über den letztjährigen Jahn Torhüter und heutigen BVB-Keeper Alexander Meyer spricht, den er ebenfalls in Stuttgart betreut hat. Aus Langner spricht eine große Wertschätzung für Meyer, den er erstmals beobachtet hat, als er noch in der Regionalliga für den TSV Havelse zwischen den Pfosten stand. Als er dann in Stuttgart war, hat er Meyer zum VfB gelockt. „Da haben wir einen tollen Griff getätigt, weil Alex vom Typ und Charakter her sehr gut gepasst hat, sein Benehmen war wirklich top und er hat sich nahtlos eingefügt. Er war angesehen, nicht nur bei den Mitspielern, sondern beim gesamten Trainerteam und darüber hinaus.“ Dass Meyer, der sich damals nie über seine Rolle als Nummer zwei oder drei beschwert hatte, nun sogar in der Champions League spielen durfte, freut Langner ungemein: „Das hat er sich verdient, weil er einfach ein guter Typ ist. Wenn das Wetter mal schlecht war und die anderen Torhüter nicht so viel Lust hatten, kam Alex auf den Platz und es war sofort Spaß da, weil er immer irgendeinen Blödsinn im Kopf hatte. Er war aber auch ein Torhüter, der richtig hart malocht hat.“
Komplexität des Torwartspiels
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich nicht nur die Art des Trainings verändert, sondern auch das Torwartspiel an sich. „Die Position ist inzwischen sehr komplex geworden“, sagt Langner. Immer mehr komme es auch darauf an, dass die Torhüter mitspielen können. „Ich denke, dass sich das auch noch weiterentwickelt, dass der Torwart immer mehr zum Spieler wird“, sagt er. Er denkt zum Beispiel an Stefan Ortega, bis Sommer in Bielefeld und nun bei Manchester City, oder aus der 2. Liga an Magdeburgs Dominik Reimann. „Das sind Torhüter, die stehen fast permanent am Mittelkreis und agieren als Aufbauspieler.“
„Ich denke, dass sich das auch noch weiterentwickelt, dass der Torwart immer mehr zum Spieler wird“
Was darüber hinaus einen guten Torhüter ausmacht? „Er muss einen guten Charakter haben und eine gewisse Empathie. Er muss aber auch mal die Klappe aufmachen und mental stark sein.“ Was die Qualität angeht, schätzt Langner ein, gebe es viele gute Torhüter. „Aber dann kommt der Druck hinzu und die Psyche spielt eine große Rolle.“ Für ihn ist der Torhüter „die wichtigste Position in einem Team. Ein guter Torhüter kann dir, egal in welcher Liga, acht bis zehn Punkte in einer Saison holen.“
Der weltweit beste Torhüter ist für ihn nach wie vor Manuel Neuer. „Er hält die entscheidenden Bälle“, sagt Langner. Bälle, die manch anderer Torhüter von der Qualität her auch halten kann. „Aber Neuer hält sie prozentual öfter. Er schafft es, dass er da ist, wenn es Spitz auf Knopf steht. Genau darum geht es: Sich auf die Situation konzentrieren, schnell Wahrnehmen, schnell reagieren und somit dem Stürmer einen Ticken voraus sein.“ Einen Ticken voraus sollen in Zukunft auch die Jahn Torhüter ihren Gegenspielern wieder sein. Dass das gelingt, daran arbeitet seit Oktober mit Marco Langner ein neuer Torwarttrainer intensiv mit ihnen.