In der Rubrik "Heute vor... Jahren" blickt Jahn Archivar Prof. Dr. Wolfgang Otto auf wichtige Jahrestage zurück. Heute: Ein besonders ereignisreicher Tag im Jahr 2005.
Die Stimmung nach dem Abstieg des SSV Jahn in der Zweitliga-Saison 2003/04, als zu Ostern der Klassenerhalt nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien, war naturgemäß eine Art Schockzustand. Nach dem sensationellen Sieg am 2. April 2004 gegen den 1. FC Nürnberg waren nur noch drei Punkte gelungen – ein maßgeblich in der Saison 1998/99 begonnener Erfolgsweg hatte einen ersten empfindlichen Rückschlag erlebt. Der 1994 wiederbelebte Wirtschaftsbeirat um den späteren Generalbevollmächtigten Heinz Groenewold hatte die Grundlagen für einen angesichts der weitgehend tristen vorausgegangenen 20-jährigen Durststrecke riesen Aufschwung geschaffen, teilweise auch unter Bereitstellung von Darlehen aus privaten Mitteln.
Als die Mannschaft von Trainer Mario Basler am 19. April, also vor 15 Jahren, zum Nachholspiel gegen den seit Februar 2005 im Insolvenzverfahren stehenden 1. SC Feucht antrat, wollten gerade noch 500 Zuschauer das Spiel gegen die Mannschaft aus Mittelfranken sehen. Und das, obwohl das Team von Trainer Roland Seitz, wenngleich man angesichts dieser Lage Anderes hätte vermuten können, vor diesem 22. Spieltag mit drei Punkten Vorsprung auf den SSV Jahn auf Rang zehn stand. Das kam daher, dass damals mit Peter Martin, Markus Grasser, Harry Gfreiter, Tobias Zellner, Jürgen Schmid, Alberto Mendez, Sascha Ropic oder Ingo Walther eine Reihe von hochklassigen Spielern, die teilweise auch schon für den SSV gespielt hatten oder noch spielen sollten, für den Nürnberger Vorort-Verein aktiv waren. Zumindest bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung, das kurz vor dem Spiel im Jahnstadion erfolgreich abgeschlossen wurde. Beim Rückspiel im Jahnstadion waren freilich von den Genannten nur noch der einstige Jahn Keeper Peter Martin und Routinier Ingo Walther am Ball, der Großteil der Leistungsträger wurde im Rahmen der Maßnahmen durch Nachwuchsspieler ersetzt. Die Mannschaft stand als erster Absteiger fest, da man trotz erfolgreich abgewendeter Insolvenz auf die Lizenz verzichtet hatte.
Warum so viele Worte um ein letztlich recht unbedeutendes Spiel, das der SSV Jahn nach wenig überzeugender Leistung durch ein Tor von Dubravko Kolinger kurz vor Schluss mit 1:0 gewann? Nun, zum einen, weil nur sechs Tage später bekannt wurde, dass auch der SSV Jahn durch eine hohe sechsstellige Etatunterdeckung den Weg in das Konkursverfahren antreten müsse. Zum anderen wegen eines wirklich weltbewegenden Ereignisses, dass sich kurz vor Beginn des Spiels am 19. April um 18.30 Uhr im genau 1044 Kilometer entfernten Vatikanstaat ereignete. Hier wählte das Konklave an diesem Tag den einstigen Regensburger Universitätsprofessor Georg Ratzinger zum neuen Papst Benedikt XVI.. Die Zuschauer im Jahnstadion wurden zum einen durch das unüberhörbare Geläut der Regensburger Kirchenglocken auf dieses Ereignis aufmerksam gemacht, zum anderen von einer Durchsage des Stadionsprechers Werner Demmel informiert.
Später wurde das Oberhaupt von etwa 1,3 Milliarden Katholiken, von dem die britische Zeitung „The Guardian“ bald herausgefunden haben wollte, in seiner Regensburger Zeit „A ripping Jahn“ gewesen zu sein, vom SSV Jahn Regensburg zum Ehrenmitglied ernannt. Auch, wenn es der Zeitungsartikel vom Mai 2005 noch anders andeutet: vielleicht hat doch auch ein wenig Hilfe „von oben“ bei der Abwendung der Insolvenz im Frühsommer 2005 beigetragen. In jedem Fall aber vor allem das tätige Engagement des Regensburger Unternehmers Volker Tretzel und der Verzicht des gesamten Alt-Vorstands auf Rückzahlung eines mittleren siebenstelligen Millionenbetrags. Noch immer sind einige dieser Persönlichkeiten dem SSV Jahn als Förderer und Sponsoren verbunden, am engsten sicherlich der einstige Vizepräsident Wolfgang Gural. Der Abensberger Unternehmer steht den Rot-Weißen seit 2015 auch als Aufsichtsrat der SSV Jahn Regensburg GmbH & Co. KGaA zur Verfügung. Am 2. April feierte der noch immer beruflich, karitativ und politisch als stellvertretender Kelheimer Landrat aktive Gural seinen 75. Geburtstag. An dieser Stelle noch die herzlichsten Glückwünsche.