In der Rubrik "Heute vor... Jahren" blickt Jahn Archivar Prof. Dr. Wolfgang Otto auf wichtige Jahrestage zurück - erfreulich wie unerfreulich. Heute: Unfreiwillige Spielpausen seit dem Ende des 2. Weltkriegs.
Seit dem 9. März 2020 ruht in der 2. Bundesliga der Ball. Schon jetzt ist es die längste Zwangspause des Volkssports Nummer 1 seit Wiederaufnahme des Spielbetriebs am 2. November 1945. Kurzfristige und lokal begrenzte Einschränkungen gab es aber auch in den zurückliegenden 75 Jahren immer wieder mal. Meistens waren es Naturphänomene wie Sturmtiefs, die in Wintermonaten das ein oder andere Mal Spielverlegungen verursachten. Beim SSV Jahn erinnern wir uns aber auch an einen biblischen Sommerregen im Juli 2002, der das erste Regionalliga-Heimspiel 2002/03 gegen Aalen buchstäblich ins Wasser fallen ließ. Letztes Beispiel war die Absage des Westderbys Borussia Mönchengladbach gegen 1.FC Köln am 9. Februar 2020 wegen „Sabine“. Kurz darauf sorgte „Corona“ dafür, dass aktuell der Spielbetrieb nicht nur an einem Ort, sondern nahezu in ganz Europa stillsteht.
Die Wirkung der SARS-Cov2 Pandemie auf den Sport, genauso wie auf das gesamte Leben, ist beispiellos. Gleichwohl gab es in der Vergangenheit immer wieder kurzfristige Beeinträchtigungen des Fußballsports wegen Viruserkrankungen. Man denke etwa an den Ausbruch der Schweinegrippe, die im Sommer und Herbst 2009 für vereinzelte Spielabsagen sorgte. In Deutschland waren davon nur Partien bis zur Regionalliga betroffen, in Frankreich wurden aber auch Spiele der Spitzenklasse verlegt. Auch das saisonale Grippevirus hat in Einzelfällen immer wieder zu Spielausfällen geführt. Dabei ging es freilich nie um den Infektionsschutz der Bevölkerung, sondern darum, dass die Grippe Großteile einer Mannschaft befallen hatte. Signifikant betroffen war hier zuletzt im Februar 2013 Alemannia Aachen, dessen Zweitliga-Spiel bei Rot-Weiß Erfurt abgesagt wurde und im April 1976 auch der SSV Jahn: „Grippe setzt die ganze Jahnelf außer Gefecht“ berichtete der heute 98-jährige Sportreporter Kurt Schauppmeier, übrigens seit 74 Jahren Jahn Mitglied, damals in der Mittelbayerischen Zeitung. Vor dem Auswärtsspiel am 11. April 1976, also heute vor 44 Jahren, in der 2. Bundesliga Süd bei der SpVgg Bayreuth waren nicht weniger als elf Jahn Spieler an der Grippe erkrankt, wie Jahn Arzt Medizinaldirektor Dr. Peter Hübner damals attestierte. Drei weitere Akteure waren wegen Verletzungen nicht einsatzfähig.
So standen Trainer Helmut Richert vor dem Spiel beim Tabellenfünften mit Reinhold Mathes, Werner Michalka, Tino Valent und dem Ergänzungsspieler Fritz Satorina nur noch vier Spieler zur Verfügung. „Es ist anzunehmen, dass sich die Spieler gegenseitig im Warmbecken angesteckt haben“, vermutete der Reporter. Also wurde das Spiel abgesagt, was die Lage des damals seit zehn Partien sieglosen SSV Jahn nicht gerade förderte. Durch den Sieg der SpVgg Fürth gegen Pirmasens rutschte man an diesem Wochenende wieder auf einen Abstiegsplatz. Und blieb dort auch, u.a. wegen eines 0:4 in der Nachholpartie bei den Oberfranken zwei Wochen später. Diese Minusserie wurde übrigens erst mit dem 1:0-Erfolg am drittletzten Spieltag in Darmstadt durchbrochen. Zwei weitere Siege zum Saisonende sorgten immerhin dafür, dass der SSV als Tabellen-17. vom freiwilligen Rückzug der Mainzer profitieren konnte und ein weiteres Jahr zweitklassig blieb.
Über 30 Jahre später – also vor gar nicht allzu langer Zeit - sorgte ein anderes Virus beim SSV Jahn für Furore. Die Oberpfalz war im Spätsommer 2010 Schauplatz einer Mumpsvirus-Epidemie. Auch zwei Jahn Spieler und Trainer Markus Weinzierl mussten stationär isoliert werden. Das Drittliga-Spiel gegen Eintracht Braunschweig Ende August musste deshalb zwar nicht abgesagt werden, der Coach konnte am Spiel aber ebenso wie die betroffenen Spieler nicht teilnehmen. Die Partie endete mit 0:3 – auch weil der Jahn durch zwei rote Karten (unter anderem für den heutigen Chef-Trainer Mersad Selimbegovic) bereits in der ersten Halbzeit zusätzlich dezimiert wurde. Ein Umstand, der Jahn Innenverteidiger Sebastian Nachreiner, der eigentlich für die zweite Mannschaft eingeplant war, übrigens eine Woche später unverhofft zum Profi-Debüt verhalf. Mit Oliver Hein stand ein aktueller Jahn Profi seinerzeit ohnehin bereits im Kader der Jahnelf.