„Eine Mannschaft kann aus den besten Einzelkönnern bestehen, wenn der Zusammenhalt fehlt, wird sie nie die Erfolge erzielen wie eine Mannschaft mit weniger begabten Spielern, die aber eisern zusammenhalten.“ Jahn Legende Hans Jakob prägte mit diesem Plädoyer für eine starke Gemeinschaft die Werte und das Auftreten der Jahnelf in der Vergangenheit wie in der Gegenwart. Eine Mannschaft kann nur erfolgreich sein, sofern jedes ihrer einzelnen Zahnräder optimal ineinander greift. Um ein Team langfristig als Ganzes zu verbessern, gilt es gerade in der Jugendarbeit, in der Nachwuchsspieler bekanntlich bestenfalls für den Profifußball ausgebildet werden sollen, an jedem einzelnen Rädchen zu feilen – zu Gunsten des Einzelspielers und der Gesamtkonstruktion.
Dem Thema Individualisierung kommt aktuell besonders in deutschen Nachwuchsleistungszentren eine immer größer werdende Bedeutung zu und auch der SSV Jahn erzielte in den vergangenen Jahren große Fortschritte in diesem Bereich. So arbeitete die Jahnschmiede in den zurückliegenden Jahren ein Konzept aus, durch welches Jahn Spieler aller Altersklassen individuell im fußballspezifischen, aber auch im physischen und mentalen Bereich anhand ihrer Defizite und Potenziale sowie deren Anforderungen auf bestimmten Positionen und im Hinblick auf die Jahn Spielidee gefördert werden. Christian Martin, Leiter der Jahnschmiede, erklärt: „Wir wollen jeden Spieler separat anpacken und mit ihm individuell arbeiten. Dazu zählt auch, dass jeder andere, auf ihn zugeschnittene Inhalte trainiert.“ Welche Schwerpunkte jeweils trainiert werden, leitet sich von einer vielschichtigen Leistungsdiagnostik ab und wird anschließend in einem individuellen Förderplan festgehalten: Die Trainingsplanung der individuellen Einheiten eines jeden Spielers basiert auf überwiegend fußballspezifischen, von Spieler und Trainer ausgefüllten Selbst- und Fremdeinschätzungsbögen, einer umfangreichen Testbatterie im Hinblick auf die athletische Leistungsfähigkeit, sowie den positions- und altersspezifischen Anforderungen. Darauf aufbauend werden beispielsweise die rund 60 Spieler des Leistungsbereichs (U15-U17) in einem regelmäßigen Zyklus von durchschnittlich sechs Wochen in bis zu zehnköpfige, thematisch strukturierte Kleingruppen unterteilt. Gemeinsam arbeiten sie einmal pro Woche jeweils 45 Minuten gezielt und detailliert an einem bestimmten Baustein des Fußballs, beispielsweise dem sogenannten „ersten Kontakt“ und der Vororientierung, dem Flankenspiel oder der Torabschluss aus der zweiten Reihe.
In regelmäßigen Abständen finden Feedback-Gespräche statt, in denen die bisherige Entwicklung des einzelnen Spielers evaluiert wird, gegebenenfalls weitere Defizite und Potenziale angesprochen werden und somit am Stärken-Schwächen-Profil eines jeden Spielers planmäßig gefeilt wird. Christoph Jank, Trainer der U17, betont: „Ich sehe das Individualtraining in der Jahnschmiede als einen wichtigen Baustein, um unsere Spieler noch besser und noch detaillierter weiterentwickeln zu können. Es geht darum, die Stärken unserer Spieler weiter zu stärken, Entwicklungsfelder zu verbessern und dies planmäßig durch individuelle Förderpläne durchzuführen.“ Diese individuellen Förderpläne, kurz IFPs, gliedern sich in jeweils vier elementare Fragen: In welchem Leistungsbaustein muss gearbeitet werden? Was muss konkret verbessert werden? Wie und wann soll trainiert werden? Inwiefern ist der Fortschritt messbar? Ein Spieler, der beispielsweise über Potenziale im Leistungsbaustein Technik und konkret in der Ballmitnahme verfügt, arbeitet demzufolge im Individualtraining an seinem ersten Kontakt.
Eine Methode zum Abbau von Defiziten im athletischen Bereich ist neben Einheiten mit den Athletik-Trainern in Kleingruppen auch ein individuell ausgearbeitetes Heimprogramm. Dabei gilt es nicht nur, die athletische Leistungsfähigkeit zu optimieren, sondern präventiv auch potenzielle Verletzungsursachen zu eliminieren. In den halbjährlichen durchgeführten Sprung-, Sprint- und Agilitätstests liegt das Augenmerk demzufolge unter anderem auch auf der Prävention, beispielsweise durch Seitenvergleiche bei einbeinigen Sprüngen. „Im Anschluss an die Tests setzen wir uns in der Gruppe unter anderem mit Christian Martin als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, dem jeweiligen Chef-Trainer und den Athletik-Trainern zusammen und diskutieren anhand der Ergebnisse, an welchen Hebeln wir ansetzen können und was dem Spieler zum momentanen Zeitpunkt am meisten bringen könnte,“ erklärt Philipp Paintner, Reha- & Athletiktrainer sowie psychologischer Ansprechpartner der Jahnschmiede. Im Dezember 2018 wurde das Präventivkonzept des Jahn mit dem VBG-Präventionspreis prämiert.
Hervorzuheben ist diesbezüglich, dass sich die Schwerpunkte (allen voran die Bedeutung der Athletik) und auch die Methoden der Individualisierung in den einzelnen Altersklassen naturgemäß unterscheiden: Während im Übergangsbereich (U19 & U21) zusätzlich vormittags und im Leistungsbereich in den angesprochenen Organisationsform in Kleingruppen trainiert wird, werden im Entwicklungsbereich (U11-U14) vereinzelt Spieler aus dem Mannschaftstraining herausgenommen, um parallel an einer bestimmten Fähigkeit zu arbeiten.
Somit kann gezielt und individuell an jedem Leistungsbaustein altersgerecht und positionsspezifisch gearbeitet werden, sodass jeder Spieler seine Defizite abbauen, seine Stärken stärken und dadurch schlichtweg besser werden kann. Jonas Massinger, Trainer der U15, unterstrich die Bedeutung der individuellen Förderung: „Der Teamgedanke steht über allem, dennoch geht es um die Entwicklung der einzelnen Spieler, deshalb ist die Individualisierung das Wichtigste in unserem Bereich.“