Im Kosovo aufgewachsen, in Deutschland über den Fußball Anschluss gefunden. Die Geschichte von Neuzugang Blendi Idrizi, der für eine Saison vom Bundesliga-Aufsteiger FC Schalke 04 an den SSV Jahn ausgeliehen wurde.
Kaum in Regensburg angekommen, war er gleich mittendrin. Am Montag der vergangenen Woche hatte Blendi Idrizi beim SSV Jahn seinen Vertrag unterschrieben und wurde für ein Jahr vom Bundesliga-Aufsteiger FC Schalke 04 in die Oberpfalz ausgeliehen. Fünf Tage später stand er gleich in der Startelf des SSV Jahn. Weil unter anderem mehrere Spieler krankheitsbedingt (noch) nicht (voll) einsatzfähig waren, startete Idrizi auf der Doppelsechs neben Kann Caliskaner im erstmals in dieser Saison gespielten 3-4-3-System.
Für ihn war es eine Premiere, das erste Mal auf der Sechs. Und er hat seine Sache gut gemacht: Die Hälfte der Zweikämpfe gewonnen und nur einen von 24 Pässen nicht an den Mitspieler gebracht. „Ich bin ein Fußballer, der neue Situationen schnell annimmt“, sagt Idrizi. „Ich liebe es einfach auf dem Platz zu stehen und auch wenn ich noch nicht lange beim Team war, habe ich einfach versucht, die taktischen Vorgaben bestmöglich umzusetzen.“ In den nächsten Wochen und Monaten will er weitere Akzente setzen. Dann gerne auch ein Stück offensiver. Gute Pässe, auch mal den entscheidenden letzten Pass, und Torgefahr will er einbringen. Am liebsten agiert der 24-Jährige dabei aus den Zentrum heraus.
Anschluss über den Fußball
Idrizi liebt den Fußball, das spürt man schnell, wenn er über das Spiel spricht. Der Fußball hat Blendi Idrizi in seiner Geschichte sehr geholfen. In Gijlan im Kosovo geboren und dort aufgewachsen, zog es seine Familie nach Deutschland, als Idrizi gerade zwölf Jahre war. „Das war anfangs nicht so einfach“, sagt er. Ein neues Land, ein neues Umfeld, eine fremde Sprache. Im Sportunterricht wurde er anfangs als einer der Letzten in die Mannschaften gewählt, erinnert er sich. Dann sahen seine Mitschüler, dass er richtig gut kicken kann. Das half, um Anschluss und Freunde zu finden. „Durch diesen Anschluss habe ich auch relativ schnell die Sprache gelernt“, erzählt Idrizi.
Aus dem Kosovo war es Idrizi gewohnt, dass es nach der Schule immer sofort raus zum Fußball spielen ging. In Deutschland war es anders. Dort sah er selten Kinder auf der Straße spielen. „Die Schule war aus, und alle sind erst einmal nach Hause und viele dann auch den ganzen Tag zu Hause geblieben. Das kannte ich so nicht“, sagt Idrizi. Und das war auch nichts für ihn. Schnell begann er im Verein Fußball zu spielen und fand weiter Anschluss. Er war immer einer der Besten, spielte erst in Bonn und dann in Euskirchen Junioren-Bundesliga.
"Ich war unbekümmert, ein typischer Straßenkicker"
Mit dem Wechsel in die U19 wurde der 1. FC Köln auf das Talent aufmerksam. Idrizi wechselte ins Nachwuchsleistungszentrum des „Effzeh“. Dort traf er auf eine ganz andere Fußballrealität. „Ich war sehr unbekümmert, ein typischer Straßenkicker“, sagt Idrizi. In Köln bekam er erst einmal ein System aufgezeigt, verbunden mit klaren Anweisungen. „Dir wird zum Beispiel gesagt, wo du nicht ins Dribbling gehen darfst“, sagt er. Sein Fazit: „In einem NLZ wird dir auf der einen Seite ein Stück weit etwas genommen, dir wird aber auf der anderen Seite auch etwas gegeben. Das brauchst du letztlich, um ganz oben anzukommen.“
Über die Oberliga zum Bundesliga-Debüt
Über den Oberligisten Friesdorf und den Regionalligisten Alemannia Aachen wurde Schalke 04 auf Idrizi aufmerksam. Er wurde für die zweite Mannschaft verpflichtet – mit Perspektive nach oben. In seiner ersten Rückrunde auf Schalke spielte er nur in der Regionalliga, im zweiten Jahr absolvierte er drei Bundesliga-Einsätze. Debüt gegen Hertha, drei Tage später sein erstes Bundesliga-Tor zu Hause gegen Frankfurt. „Es ging alles sehr schnell“, erinnert sich Idrizi, der zu dem Zeitpunkt überrascht war, reingeworfen zu werden. „Dann musst du liefern“, sagt er. Zum Zeitpunkt, als er spielen durfte, war Schalke schon abgestiegen. „Das ist schon schwer, wenn man merkt, wie eine ganze Stadt leidet.“
Für Idrizi selbst war der Abstieg aber nicht nur von Nachteil, denn in der 2. Liga war es einfacher, sich Spielzeit zu erarbeiten. 22 Spiele hat er für S04 in der vergangenen Saison bestritten, ein Tor erzielt und vier vorbereitet. „Alle Gegner wollten uns schlagen, für jeden war das Spiel gegen uns ein Highlight“, blickt er zurück. Warum es am Ende geklappt hat mit dem Aufstieg? „Wir hatten eine sehr gute Mannschaft mit qualitativ sehr guten Spielern. Zudem haben wir nicht viele Chancen gebracht, weil Simon Terodde vorne gefühlt jeden Ball reingemacht hat“, sagt Idrizi. Er erinnert sich an das Spiel zu Hause gegen den Jahn oder in Sandhausen, als es der Mannschaft gelungen ist, ganz enge und knifflige Partien auf ihre Seite zu ziehen.
"Der Jahn steht für mich vor allem für eine sehr hohe Intensität."
Im Rückspiel auf Schalke hat Idrizi den Jahn erstmals als Gegner kennengelernt, nachdem er in der Vorrunde beim 4:1-Sieg des Jahn im Jahnstadion Regensburg verletzt gefehlt hatte. Im vergangenen Sommer war er schon einmal zu einem Gespräch in Regensburg, wollte sich aber dann doch auf Schalke durchsetzen. Nun spürte er, wie unangenehm der Jahn sein kann. „Der Jahn steht für mich vor allem für eine sehr hohe Intensität“, sagt Idrizi. „Hier wird einfach hart gearbeitet und die Grundtugenden sind sehr wichtig.“ Was ihm ebenfalls gefällt nach seinen ersten Tagen in Regensburg: „Hier ist alles sehr bodenständig und familiär.“ Ein Umfeld, in dem er die nächsten Schritte machen und sich konstant auf Zweitliga-Niveau behaupten will. „Ich will so viele Spiele machen wie möglich und mit den Jungs einfach Spaß haben auf dem Platz. Als Team wollen wir so schnell wie möglich die 40 Punkte für den Klassenerhalt einfahren.“
Wenn er nicht gerade auf dem Platz steht, dann lässt es Idrizi gerne ruhig angehen. Bei der einen oder anderen Tasse Kaffee hat er die Innenstadt Regensburgs schon erkundet. Weil er noch keine eigene Wohnung hat und im Hotel wohnt, geht er aktuell oft Essen. In den eigenen vier Wänden würde er aber auch sehr gerne kochen. Fußball, kochen, essen, entspannen – so sieht der Tagesablauf des 24-Jährigen oft aus. Er höre gerne Musik und schaue Serien. Die schönsten Abende seien aber Champions-League-Abende. Barcelona, Paris oder Manchester City schaue er gerne – obwohl er eigentlich Manchester-United-Fan ist. Am allerliebsten steht er aber selbst auf dem Platz. Denn der Instinktfußballer Blendi Idrizi liebt den Fußball einfach.