Eine Karriere wie die von Kai Pröger gibt es im Profifußball nur noch selten. Mit 20 Jahren spielte der Flügelspieler noch bei seinem Dorfverein in der Bezirksliga – an den Traum Fußballprofi war damals überhaupt nicht zu denken. Doch dann ging es auf einmal schnell, als sich Kai mit 27 Jahren als langjähriger Regionalliga-Spieler innerhalb eines halben Jahres plötzlich in der Bundesliga wiederfand – Premieren-Tor gegen Manuel Neuer und den FC Bayern München inklusive. Passend zu seinen unermüdlichen Tempoläufen auf dem Platz bewies Pröger auch in seiner Karriere einen langen Atem, durch den er seinen Traum doch noch wahr werden ließ.
Die beschauliche Kleinstadt Schortens in der Nähe von Wilhelmshaven – hier an der Nordsee mit dem Strand vor der Tür wuchs Kai Pröger auf und verbrachte seine gesamte Kindheit und Jugend. Ein ruhiger Ort, an den der 32-Jährige in der Winter- und Sommerpause immer gerne zurückkehrt, da er dort am besten runterkommen kann.
Früh meldeten seine Eltern ihn beim lokalen Fußballverein an, dem Heidmühler FC. Während andere spätere Profifußballer bereits früh in die Nachwuchsleistungszentren von Spitzenclubs gescoutet werden, blieb Kai bei seinem Dorfverein, bis er 20 Jahre alt war. Früh weg aus der Heimat und weg von den Freunden, dazu erhöhter Druck im NLZ – all das kannte er so nicht, was er im Nachhinein sehr zu schätzen weiß: “Für mich persönlich hatte ich den perfekten Verlauf meiner Karriere, da ich zwar Profi wurde, aber davor eine ganz normale Kindheit hatte. Ich war genauso wie andere Jugendliche auch mit meinen Freunden am Wochenende unterwegs", erzählt er mit einem Grinsen. Nach dem Schulabschluss fing er eine Ausbildung als Konstruktionsmechaniker an, die er auch abschloss. “Ich bin stolz darauf, dass ich das durchgezogen habe. Und es hat mich sicher auch geerdet, dass ich beide Seiten kenne und auch weiß wie es ist, frühmorgens aufstehen und den ganzen Tag normal zu arbeiten”. Auch aus dieser Zeit stammt das Grundgefühl, dass er das spätere Fußballerdasein alles andere als selbstverständlich nimmt. ”Ich war nie ein nervöser Spieler. Ich habe immer mehr das Positive und das Privileg gesehen, dass ich in dieser Liga Fußball spielen darf, wovon viele nur träumen können.”
Sieben Jahre fast durchgehend Regionalliga
Vom Heidmühler FC wechselte Pröger 2012 zum nahe gelegenen VfB Oldenburg, für den er recht schnell auch in der ersten Mannschaft in der Regionalliga auflaufen durfte und mit insgesamt 24 Scorerpunkten in 51 Spielen auf sich aufmerksam machte. Der FSV Mainz 05 verpflichtete ihn 2014 für die U23, wodurch er zum ersten Mal aus dem Norden wegzog. Auch die Strukturen und Anforderungen eines Bundesliga-Vereins waren für ihn völlig neu. Hier kam ihm zum ersten Mal der Gedanke, dass er dem Schritt zum Fußballprofi ein ganzes Stück näher gekommen war. Wegen einer Verletzung im letzten Vorbereitungsspiel war er allerdings von Beginn an im Hintertreffen und kam lediglich auf zwei Einsätze. Nach nur einer Saison verließ er den Verein und schloss sich dem Berliner Regionalligisten BFC Dynamo an. Rückblickend sagt Pröger: “Das war der erste wirkliche Dämpfer in meiner Karriere, aber das Jahr hat mir im Nachhinein trotzdem sehr gut getan und mich weitergebracht."
In Berlin knüpfte der Flügelspieler an seine guten Leistungen an und wechselte nach der Saison 2016/17 mit neun Toren und zwölf Vorlagen zu Rot-Weiss Essen und schlug auch dort direkt ein. “Wie auch in Berlin habe ich mich in Essen sehr wohl gefühlt und hatte dort eine tolle Zeit mit einer unglaublichen Atmosphäre. Ich fühle mich dem Verein immer noch stark verbunden.”
”Ich war nie ein nervöser Spieler. Ich habe immer mehr das Positive und das Privileg gesehen, dass ich in dieser Liga Fußball spielen darf, wovon viele nur träumen können.”
Höhenflug mit Paderborn
Nach 18 Toren in 60 Spielen für Essen und insgesamt sieben Jahren fast durchgehend Regionalliga, kam im Januar 2019 das Angebot von Zweitligist SC Paderborn – eine Chance, die sich Pröger nicht entgehen lassen konnte. Bereits im ersten Startelfeinsatz traf er im Heimspiel gegen die SpVgg Greuther Fürth und zeigte, dass ihm der Sprung zwei Ligen höher nichts auszumachen schien, was er auch auf die besondere Verbindung zu Trainer Steffen Baumgart zurückführt: “Es kam mir zugute, dass ich mit meinem Spielstil perfekt in seine Spielphilosophie gepasst habe. Auch neben dem Platz haben wir uns sehr gut verstanden.”
Am Ende der Saison stieg der SC Paderborn sensationell in die Bundesliga auf – und mittendrin Kai Pröger, der nur ein halbes Jahr zuvor noch in der Regionalliga West für Essen gegen Gegner wie den 1. FC Kaan-Marienborn oder den TV Herkenrath gespielt hatte und nun die Aussicht auf Highlight-Spiele gegen Borussia Dortmund oder den FC Bayern München hatte. “Mit dem Wechsel nach Paderborn ging es wie in einer Achterbahnfahrt schlagartig nach oben und plötzlich stehst du im Spielertunnel neben Größen wie Robert Lewandowski oder Thomas Müller. Das war schon etwas sehr Besonderes, aber wir hatten es uns als Team erarbeitet, diese Spiele bestreiten zu dürfen.“ Gegen die Münchner erzielte er am 6. Spieltag auch prompt sein erstes Bundesligator und überwand Torhüter Manuel Neuer mit einem strammen Schuss in die linke untere Ecke. Momente, die für immer bleiben, auch wenn der SC Paderborn am Ende der Saison wieder den Gang in die 2.Liga antreten musste.
Mit dem SSV Jahn wieder neu angreifen
Nach zwei weiteren Jahren in der Zweiten Liga suchte Pröger eine neue Herausforderung und wechselte zur Saison 22/23 innerhalb der Liga zu Hansa Rostock. Mit zehn Toren hatte er großen Anteil daran, dass der Verein den Klassenerhalt schaffte, doch in der vergangenen Saison konnte er mit der Mannschaft den Abstieg in die 3. Liga nicht verhindern. Pröger fiel der Abschied alles andere als leicht, aber er entschied sich schließlich für den Wechsel zum SSV Jahn. “Als ich das erste Mal hier war und die Leute im Verein kennengelernt und gesehen habe, was hier für Bedingungen herrschen, habe ich mich direkt wohlgefühlt. Auch ehemalige Mitspieler wie Zlatko Muhovic und Daniel Franziskus, die beim Jahn gespielt haben, haben mir ein gutes Gefühl gegeben. Und dieses Gefühl hat sich von Anfang an auch vor Ort bestätigt. Hier herrscht ein guter Zusammenhalt in der Mannschaft und ich wurde sehr gut aufgenommen.”
Einen Lieblingsplatz hat er in seiner neuen Heimat auch schon gefunden: An den heißen Sommertagen war er mit Teamkollege Sebastian Ernst häufiger am Roither See. Wasser und Natur – fast wie in der Heimat an der Nordsee, nur eben ohne Ebbe und Flut.