Im Zuge der stetigen Weiterentwicklung des Fußballs und der damit verbundenen Trainingstätigkeit wächst auch die Bedeutung eines einzelnen Spielers innerhalb einer Mannschaft sukzessive an. Wie die Jahnschmiede die optimale Förderung eines jeden Nachwuchsspielers sicherstellt, erklären Lukas Baumer und Christoph Jank im Interview.
Was kann ein Laie sich unter dem Prozess der „Individualisierung“ vorstellen?
LB: Unter „Individualisierung“ versteht man die Ausbildung des einzelnen Spielers, welche auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Also weg von der gleichen Methodik und denselben Inhalten für die ganze Mannschaft und hin zur individuellen Betrachtung des einzelnen Spielers. Im Zuge dieser Herangehensweise analysiert das Trainerteam, welche Stärken der Spieler besitzt, wo er noch verstecktes Potential besitzt und auf welche Art er neue Inhalte am schnellsten lernt. Jeder Mensch ist unterschiedlich und muss somit individuell begutachtet und betreut werden.
CJ: Der Spieler steht hierbei im Zentrum. Bei der Individualisierung wird in der Jahnschmiede über einen Zyklus von mehreren Wochen mit jedem Spieler ein Schwerpunkt, beispielsweise 1gg1 defensiv, 1gg1 offensiv, Torabschluss, etc. behandelt. Der Individualisierungsschwerpunkt kann dabei auch aus dem Bereich der Athletik kommen. Beim Festlegen der Themenfelder jedes einzelnen Spielers ist uns die Meinung unserer Spieler sehr wichtig. Wir wollen dabei die Spieler mit ins Boot holen, indem wir von ihnen in Erfahrung bringen, welche Bereiche sie gerne stärken oder verbessern wollen. Der Trainerstab bringt aufgrund von Beobachtungen im Training und Spiel seine zusätzlichen Themenfelder ein. Nach internen Beratungen wird für jeden Spieler ein Themengebiet zur Individualisierung ausgewählt und dessen Inhalte ausgearbeitet. Das Individualisierungsprogramm wird im Anschluss der Einheit mit jedem Spieler besprochen. Ziel der Individualisierung ist es, jeden einzelnen Spieler gezielt in seiner Entwicklung zu unterstützen. Dies wird durch eine maximale Gruppengröße von 10 Spielern und zwei Trainern garantiert. Nach dem Zyklus holen wir mit der Hilfe von Umfragen und persönlicher Gespräche Rückmeldungen bei den Spielern ein. Diese Informationen werden analysiert und dienen wiederum den Trainern bei der Reflexion, um gegebenenfalls Anpassungen für die kommenden Zyklen vorzunehmen.
Wie beeinflusst dieser Prozess Eure tägliche Arbeit?
CJ: Der Aufwand der Trainingsplanung, -organisation und -steuerung ist durch die Individualisierung höher. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass eine gezielte Individualisierung die Entwicklung jedes einzelnen Spielers überproportional verbessert. Einen weiteren positiven Effekt sehe ich darin, dass die Bindung zwischen Spieler und Trainer intensiver wird, und das Vertrauen zueinander dadurch weiter steigt. Im täglichen Training ist dann die Transformation des Individualtrainings ins Mannschaftstraining wichtig. Dabei geht es um die Anwendung und positive Umsetzung des individuellen Trainings in unsere Jahn-Spielidee. Vor der Pandemie wurde im Leistungsbereich (U15, U16 und U17) altersübergreifend das Individualtraining in Kleingruppen gestartet. Es trainierten dadurch zum Beispiel U15, U16 und U17 Spieler in einer Kleingruppe gemeinsam an einem Schwerpunkt. Durch diese Strategie wird das Jahresmotto „Jahn sein“ weiter vertieft und die Persönlichkeitsentwicklung zusätzlich gefördert. Aufgrund der Pandemie wurde das altersübergreifende Training aktuell leider auf Eis gelegt und das Individualtraining findet in den einzelnen Mannschaften separat statt.
LB: Wir als Trainerteam beschäftigen uns täglich mit den Spielern und der Frage, wie wir sie individuell bestmöglich fördern können. Das Hauptaugenmerk liegt dabei natürlich auf der Arbeit am Platz. Die individuelle Herangehensweise innerhalb der Trainingseinheiten bedarf selbstverständlich einem deutlich größeren Planungsaufwand im Vorfeld einer jeden Einheit. Wir fertigen den Spielern außerdem individuelle Videoanalysen ihrer Spiele an, die wir ihnen via App auf ihr Handy zukommen lassen. So können sie beispielsweise im Schulbus über das Handy ihre Analyse zum letzten Spiel ansehen. Zudem sind wir rund um die Uhr als Ansprechpartner für die Spieler erreichbar. Die Probleme, die wir gemeinsam versuchen zu bewältigen, sind oft vielschichtig und teilweise auch manchmal abseits des Fußballplatzes vorzufinden!
Welche Bedeutung kommt der „Individualisierung“ im NLZ-Bereich zu?
CJ: Das Training in der Jahnschmiede ist aus meiner Sicht immer ein Entwicklungstraining, welches die Entwicklung der Stärken sowie die Verbesserung schwächerer Entwicklungsfelder eines Spielers betrifft. Das Individualtraining hat generell einen sehr hohen Stellenwert bei uns. Ich sehe im Individualtraining ein sehr wichtiges Element, um jeden Spieler bei seiner Entwicklung und dem Ausschöpfen seines Potenzials bestmöglich zu unterstützen.
LB: Wir haben für jeden Spieler einen auf ihn persönlich zugeschnittenen Förderplan. Um objektive Daten zu erheben, führen wir zusätzlich regelmäßige Leistungsdiagnostiken durch. Auf diesen basieren sowohl die folgenden Einzelgespräche, als auch persönliche Videoanalysen, individuelle Trainingspläne für zuhause und schließlich auch Einzeltrainings auf dem Platz. Wir sind davon überzeugt, dass die Spieler mit diesem Verfahren das Optimum aus ihrem Leistungsvermögen generieren können.
Welche positiven Effekte erhofft Ihr euch durch diese Vorgehensweise?
LB: Grundsätzlich wollen wir die Nachwuchstalente bestmöglich ausbilden und fördern. Dabei steht neben der fußballerischen Entwicklung auch der persönliche Fortschritt im Vordergrund. Jeder Spieler ist für uns ein individuelles „Projekt“, das wir mit großer Freude angehen. Wir wollen dabei keine Komfortzone entstehen lassen, sondern streben ein leistungsförderndes Umfeld mit gegenseitiger Wertschätzung an.
CJ: Unsere Spieler erkennen wie wichtig dem Verein die Entwicklung eines jeden Einzelnen ist. Ich bin der Überzeugung, dass durch das Individualtraining die Spieler ihre Stärken noch gezielter optimieren, und ihre Entwicklungsfelder schneller verbessern können. Aus meiner Sicht wird durch den intensiveren Austausch auf Augenhöhe zwischen Spieler und Trainer die Persönlichkeitsentwicklung der Spieler gefördert. Ich bin zudem der Überzeugung, dass dadurch die Spieler noch besser reflektieren können und somit durch diese Auseinandersetzung mit sich selbst positive Impulse für ihre Entwicklung gewinnen. Durch die Idee des altersübergreifenden Trainings steigt der vertikale Informationsaustausch der Spieler zwischen den einzelnen Nachwuchsmannschaften, worin ich einen weiteren positiven Effekt des Individualtrainings sehe. Auch die Kommunikation der vereinsinternen Trainer steigt an.