Prince Osei Owusu stürmt für die Jahnelf. Der Stürmer hat in seiner Karriere schon einiges gesehen und will sich nun beim SSV Jahn durchsetzen.
Prince Osei Owusu war der Tiefpunkt der abgelaufenen Saison des SSV Jahn Regensburg. Das hat der Stürmer gespürt, als er Anfang März, nach Ende des Spiels mit dem FC Erzgebirge Aue gegen die Jahnelf auf dem Platz im Erzgebirgsstadion stand und niemand mit ihm reden wollte. „Normal spricht man nach einem Spiel noch mit Spielern, die man schon länger kennt – egal wie das Spiel ausgegangen ist. Als das nicht der Fall war, wusste ich schon, dass es für die andere Seite sehr schwierig war“, blickt Owusu darauf zurück. Die Jahnelf hatte zuvor bereits fünf Spiele nicht mehr gewonnen, und unterlag mit einer schwachen und enttäuschenden Leistung mit 0:1 beim damaligen Tabellenschlusslicht. Owusu war es, der in der 23. Minute den einzigen Treffer des Tages erzielt hatte.
Prince Owusu kannte viele Spieler der anderen Seite schon lange. Mit Konrad Faber und Benedikt Gimber hat er sich im Nachwuchs regelmäßig duelliert – er für den VfB Stuttgart, die anderen beiden für Freiburg oder Hoffenheim. Und Max Besuschkow war im Nachwuchs sein Partner in der Offensive des VfB, sein Zimmerkollege, ein Freund. Zukünftig wird Owusu selbst das Jahn Trikot tragen, er ist nach dem Abstieg Aues in die 3. Liga nach Regensburg gewechselt.
Dass er hier gleich auf ein paar bekannte Gesichter traf, half ihm einerseits. Auch Joel Zwarts kannte er beispielsweise schon, vom Ibiza-Urlaub vor fünf Jahren. „Ich war damals sogar bei ihm zu Hause. Als er nach Regensburg gewechselt ist, konnte ich ihn zunächst nicht zuordnen, er trug die Haare anders als damals. Aber nun habe ich ihn wiedererkannt und wir haben festgestellt, dass wir schon gemeinsam im Urlaub waren“, sagt Owusu und lacht.
Anpassungsfähig und entspannt
Prince Owusu ist niemand, der lange braucht, um anzukommen. „Ich bin anpassungsfähig, ein entspannter Typ, ich hatte nie Probleme, mich in einer neuen Umgebung zurechtzufinden“, sagt er. Er sei auch keiner, der sich nur auf eine Gruppe innerhalb des Teams konzentriere. „Ich bin wie ein Schwimmer, mal hier, mal da“, beschreibt er. Das gefällt ihm beim Jahn so gut: „Hier kann jeder mit jedem, es gibt nicht die klassische Grüppchenbildung wie in vielen anderen Mannschaften.“ Er fügt an: „Der Zusammenhalt ist hier sehr speziell, das ist nicht alltäglich in einer Fußballmannschaft, schließlich treffen da rund 25 verschiedene Charaktere aufeinander. Hier ist jeder bodenständig und respektvoll, das ist für mich das Wichtigste im Teamsport.“
Dieses Kollektiv, weiß Owusu aus eigener Erfahrung, ist die große Stärke des Jahn. Die Jahnelf sei nie ein beliebter Gegner gewesen bei seinen vorherigen Teams. „Du musstest läuferisch und körperlich immer an deine Grenzen gehen. Es war das Markenzeichen, dass der Jahn unangenehm war und nie aufgegeben hat. Sie wussten im Kollektiv immer, was der andere macht. Da war es schwer als Gegner, Lösungen zu finden. Im Kollektiv hat es beim Jahn Jahr für Jahr gestimmt“, beschreibt er seine Eindrücke als Gegenspieler. Mit dieser Grundlage könne man erfolgreich arbeiten: „Im Fußball gibt es immer mal schwierige Situationen. Wenn du dann einen starken Zusammenhalt im Team hast, sich alle verstehen und respektieren, ist es einfacher, diese Phasen zu überstehen.“
Profidebüt gegen den Jahn
Mit dem SSV Jahn verbindet Owusu übrigens ein besonderes Erlebnis, gegen die Jahnelf feierte er sein Profidebüt. Das war 2018, auf der Bielefelder Alm gab es einen 5:3-Heimsieg der Arminia. Der Sprung in den Profifußball war die Belohnung Owusus für viele Entbehrungen in der Jugend. Nach zwei kleineren Vereinen in Stuttgart wechselte er mit zwölf ins Nachwuchsleistungszentrum des VfB Stuttgart. Und dort bleibt neben Schule und Fußball nicht mehr viel Zeit für anderes. „Im Nachhinein realisiert man erst, auf was man alles verzichtet hat“, sagt der Stürmer. „Ob Geburtstage oder Familienfeiern – bei vielem konnte ich wegen des Fußballs nicht dabei sein. Aber wenn es dazu führt, dass man am Ende Profi wird, dann ist es das wert.“
Die Stuttgarter Zeit hat Owusu sehr gut in Erinnerung. Er bildete damals ein Offensiv-Duo mit Max Besuschkow. „Max hat mir einige Tore aufgelegt“, blickt Owusu zurück. Gemeinsam haben sie auch ihr Debüt in der Junioren-Nationalmannschaft gefeiert. In der U17 wurde Owusu Torschützenkönig. Das war der Moment, wo er das erste Mal wirklich daran geglaubt hat, dass es zum Profi reichen kann, er sah, dass er in seinem Jahrgang einer der Besten war. Über die zweite Mannschaft Hoffenheims landete Owusu in Bielefeld dann tatsächlich im Profifußball.
Gelernt zu kämpfen
Was sich anschließend durch seine ersten Jahre im Profifußball zog, war die Konkurrenz im Sturm. „Ich hatte eigentlich immer eine Vereinslegende als Stürmer mit im Kader“, sagt er. Fabian Klos in Bielefeld, Sascha Mölders bei 1860 München oder Sven Michel beim SC Paderborn. Heute ist Owusu froh, dass er das erlebt hat, auch dass er es früh in seiner Karriere erlebt hat. „Ich habe immer Gas gegeben und mich angeboten. Ich musste mich mehr anstrengen, um zu spielen, die anderen hatten ein größeres Standing. Aber das hat mich stärker gemacht. Ich habe gelernt, zu kämpfen, nicht klein bei zu geben, mich immer anzubieten.“ Und er konnte von den Sturmkollegen einiges lernen: „Die anderen hatten auf diesem Niveau schon viele Jahre Erfahrung. Ich habe gesehen, wie ihre Abläufe waren, wie sie trainiert haben. Da habe ich einiges aufgeschnappt, versucht zu lernen und die Sachen aufzusaugen wie ein Schwamm.“ Ein paar Punkte habe er auch in sein Spiel eingebaut, ohne dabei seinen Stil komplett zu verändern.
Es zieht sich durch Owusus Karriere, dass er öfter eingewechselt wurde als dass er von Beginn an spielte. Dennoch hat er viele tolle Erlebnisse gesammelt. Die schönste Profi-Zeit hatte er in München beim TSV 1860. Dorthin war er zunächst ein halbes und daran anschließend nochmal ein ganzes Jahr ausgeliehen. „Das war eine sehr schöne Zeit. Sechzig ist ein großer Verein, mit vielen Leuten, die den Verein mit Herzblut unterstützen, eigentlich kein Drittligist“, sagt er.
Doch Owusu will nicht mehr zu sehr zurückblicken, er sprüht vor Tatendrang, wenn er über die neue Aufgabe in Regensburg spricht. Auch hier wartet Konkurrenz auf ihn, vor allem Andreas Albers und Joel Zwarts fürs Sturmzentrum. Owusu ist überzeugt, dass er auch mit einem der beiden zusammen auf dem Platz stehen kann. „Ich bin flexibel, habe auch das Auge für den Nebenmann. In den Testspielen hat man schon gesehen, dass wir uns auch gegenseitig die Tore gönnen.“
Faktor Ruhe
Was ihm beim Jahn gut gefällt, ist die Ruhe, in der hier gearbeitet wird. Etwa, dass auch letzte Saison die Ruhe bewahrt wurde, als es auch mal nicht lief. „Das ist mir in Zeiten, in denen viele Vereine sehr schnell in Aktionismus verfallen, sehr positiv aufgefallen“, sagt er. Auch die Beurteilung eines Stürmers gefällt ihm beim Jahn: „Im heutigen Fußball wird oft nur oberflächlich auf Statistiken geschaut. Mit Mersad gibt es beim Jahn einen Trainer, der in erster Linie auch darauf schaut, was ein Stürmer für die Mannschaft leistet. Nicht umsonst heißt es, dass die Angreifer die ersten Verteidiger sind. Wenn man das Vertrauen spürt, auch wenn es mit dem Toreschießen einmal nicht so klappt, dann wird der Knoten irgendwann platzen. Das Vertrauen und das Umfeld des Clubs sind für einen Stürmer entscheidend“, sagt Owusu.
Dann fügt er an: „Nichtsdestotrotz ist natürlich klar, dass man als Stürmer auch Tore und Vorlagen benötigt.“ Hier sei er, sagt Owusu, niemand, der sich zu viel Druck mache, auch wenn er natürlich schon eine starke Erwartung an sich selbst habe. „Ich habe einen gesunden Ansporn, aber als Stürmer darfst du auch nicht verkrampfen. Wenn du nicht mit einer gewissen Lockerheit auf den Platz gehst, ist es der erste Fehler.“ Um mit einem guten Gefühl aufs Feld zu gehen, hilft ihm auch sein Glaube. Owusu ist schon von klein auf gläubig, das gibt ihm Kraft. Er bete täglich, auch vor den Spielen. „Oft sage ich einfach nur ‚Danke‘. Ich weiß, dass ich ein privilegiertes Leben leben darf. Danke zu sagen, schadet nie.“
Ansonsten beschreibt sich Prince Owusu privat mit einem Schmunzeln als „sehr, sehr langweiligen Typen“. Nach dem Training sei er gerne auch einfach mal zu Hause, höre Musik. „Zu Hause ist meine Ruhe-Oase. Unser Job ist ohnehin sehr laut, da schadet es nicht, wenn man nach Hause kommt und ein bisschen runterfahren kann.“ Es könne sein, dass sich das nun beim Jahn aber auch ein bisschen ändert. „Weil die Jungs hier alle sehr cool sind, werde ich sicher auch öfter mal etwas mit ihnen unternehmen“, sagt er. Der Teamgedanke steht eben über allem.