Ein Rückkehrer für die Jahnelf: Vier Jahre nach seinem Abschied ist Offensivspieler Joshua Mees zurück beim SSV Jahn. Er kommt für eine Saison auf Leihbasis von Holstein Kiel. Wie es dazu kam und wie Josh Mees als Spieler und Typ tickt, erfahrt Ihr im Porträt.
Irgendwann hat Joshua Mees aufgehört zu zählen. „Zehn waren es bestimmt“, sagt er und lacht. Gemeint sind Anrufe von Benedikt Gimber, der ihn unbedingt von einer Rückkehr nach Regensburg überzeugen wollte. Und der Jahn Kapitän hatte Erfolg. Nachdem er in der Saison 2017/18 nach Regensburg verliehen worden ist, spielt er in der kommenden Spielzeit wieder im Jahn Trikot. Erneut auf Leihbasis, dieses Mal kommt er von Holstein Kiel in die Oberpfalz. Benedikt Gimber freut sich über den neuen und alten Mannschaftskollegen: „Josh ist ein super Spieler und ein super Typ. Er passt perfekt in unsere Mannschaft.“
Gimber und Mees verbindet eine Freundschaft, der Kontakt ist in den vergangenen Jahren nie abgerissen. Kein Wunder, gingen sie doch gemeinsam ihre ersten richtigen Schritte im Profifußball. 2017 kamen beide gemeinsam auf Leihbasis von Hoffenheim zum SSV Jahn und erlebten gemeinsam ihre erste richtige Profisaison. Inklusive der Aufholjagden gegen den FC Ingolstadt 04 (3:2 nach 0:2) und Fortuna Düsseldorf (4:3 nach 0:3). Am Ende der Saison stand Platz fünf, das hätte der Jahnelf vor der Saison so gut wie niemand zugetraut.
Erinnerungen an ein "tolles Jahr"
Es ist eine Zeit, an die sich Joshua Mees noch heute sehr gerne erinnert. „Ich hatte hier ein tolles Jahr, es hat einfach Spaß gemacht.“ Einzelne Highlights hebt er dabei nicht hervor. Was bei ihm ganz besonders hängen geblieben ist: „Vor allem, wie wir als Mannschaft aufgetreten sind, das fand ich geil und ist bei mir hängen geblieben. Es hat niemand wirklich mit uns gerechnet, aber wir haben eine super Saison gespielt, viele gute Gegner geschlagen und der Liga gezeigt, was Jahn Regensburg ausmacht.“
Die Saison in Regensburg ist nicht die einzige, die Mees vor Augen geführt hat, wie wichtig das Teamgefüge ist. Nach dem Jahn zog er weiter zu Union Berlin. Mit den Hauptstädtern gelang ihm der Aufstieg und dann der ebenfalls überraschend souveräne Klassenerhalt. „Das Team ist immer das Wichtigste, da kommt es nicht in erster Linie auf die individuelle Qualität an. Fußball ist Teamsport.“ Was aus seiner Sicht ein gutes Team ausmacht? „Wenn man sich Fehler verzeiht. Fehler dürfen passieren, wichtig ist immer nur, wie man darauf reagiert. Gibt man alles, um den Fehler wiedergutzumachen? Oder bleibt man stehen und winkt ab?“ Wenn man das Gefühl habe, man dürfe Fehler mache, die Teamkollegen stehen einem zur Seite, mache sich das bezahlt, ist Mees überzeugt: „Dann probiert man mehr, agiert auch mutiger, mit mehr Selbstvertrauen. Dann werden Dinge eher gelingen.“
Der Wert des Teams
Den Teamgedanken hat Mees auch in seinen ersten Wochen beim Jahn gleich wieder gespürt. „Ich habe mich noch nie so schnell in einer neuen Mannschaft zurechtgefunden, der Draht war sofort da, es ist mir sehr leichtgefallen.“ Dabei sind aus seiner ersten Zeit beim SSV nur noch drei Spieler hier: Wastl Nachreiner, Benedikt Saller und Benedikt Gimber. „Aber der Grundcharakter beider Mannschaften ist vergleichbar“, sagt Mees. Nachreiner, Saller und Gimber würden schon darauf achten, dass der Spirit erhalten bleibe. „Das ist in den vergangenen Jahren mit die größte Stärke des Jahn gewesen und so soll es auch bleiben.“
Auch Trainer Mersad Selimbegovic kannte Mees noch aus seiner ersten Jahn Zeit. Mit dem damaligen Co-Trainer hat er nach Einheiten oft noch individuell gearbeitet. Auch hier ging der Kontakt nie verloren, sagt Mees und freut sich auf die erneute Zusammenarbeit: „Mersad ist jemand, der einen guten Humor hat und für jeden Scherz zu haben ist. Aber wenn es auf den Platz geht, will er, dass alle voll fokussiert sind und akribisch arbeiten. Das ist genau richtig so.“
Und Mees muss es wissen. Denn die Reihe an Trainern, unter denen er schon trainiert hat, kann sich wahrlich sehen lassen. In der Hoffenheimer A-Jugend wurde er Deutscher Meister – unter Julian Nagelsmann, dem heutigen Bayern-Trainer. „Man hat damals schon gesehen, dass er ein sehr großes Selbstbewusstsein, eine gute Idee vom Fußball und einen klaren Plan hat“, blickt Mees darauf zurück. Bei seiner Leihe nach Freiburg, auch wenn er dort die meiste Zeit verletzt fehlte, arbeitete er zudem unter Christian Streich, dem nächsten großen deutschen Trainer-Namen. Und bei Union Berlin war Mees dabei, als sich Urs Fischer ein großes Ansehen im deutschen Fußball erarbeitete. „Er fordert sehr viel taktische Disziplin ein. Jeder weiß, was zu tun ist. Deshalb schneidet Union auch jedes Jahr so gut ab, das überrascht mich nicht.“ Da ist er wieder, der Faktor Team.
Nach Verletzungen: Einmal alles auf den Kopf gestellt
Dass Mees nun wieder in Regensburg gelandet ist, hat sicher auch mit seiner Verletzungshistorie zu tun. In Berlin und Kiel spielte er jeweils im ersten Jahr viel, war in der zweiten Saison aber oft verletzt. Es waren immer Muskelverletzungen, eine richtige Ursache wurde lange nicht gefunden. „Ich bin fast verzweifelt“, berichtet Mees. Bei seiner letzten Verletzung in Kiel hat er sich noch einmal ausgiebig durchchecken lassen und alles auf den Kopf gestellt. Es wurden dabei einige Aspekte entdeckt. Seitdem ernährt sich Mees anders – er verzichtet komplett auf Getreideprodukte, Milch und Eier – und macht vor jedem Training zusätzliche Übungen, die die Muskeln aufs Training vorbereiten sollen. „Ich mache das erst seit einigen Wochen, bislang fühle ich mich damit aber wohl und werde das nun auf jeden Fall durchziehen. Ich bin weiter als vor ein paar Jahren – und hoffe, dass mein Körper das auch so sieht“, fügt er schmunzelnd an.
Wenn er fit ist, das hat Mees im Training und in den ersten Testspielen bereits angedeutet, kann er eine wertvolle Verstärkung für die Jahnelf sein. Als Spielertyp ticke er immer noch ähnlich, sagt Mees. Heißt: Er ist heiß auf Tore. „Ich definiere mich auch ein Stück weit über Tore“, sagt er. Wenn er beispielsweise links spielt und der Angriff über rechts läuft, suche er den Weg in den Strafraum, um für Gefahr zu sorgen. Wenn er selbst den Ball hat, sucht er die Flanke oder den direkten Weg zum Tor. „Ich versuche immer, bei gefährlichen Situationen dabei zu sein, ohne die Defensivaufgaben zu vernachlässigen“, sagt er. Weiterentwickelt hat er sich in den vergangenen Jahren in puncto Ruhe. In seiner ersten Jahn Saison sei er vor jedem Spiel noch sehr nervös gewesen. Das sei nun mit zunehmender Erfahrung weniger geworden.
Auch das Spiel des Jahn hat sich weiterentwickelt, wie Mees in den vergangenen Jahren aus der Ferne verfolgt hat. Wurde in den Anfangsjahren nach dem Aufstieg der Fokus noch sehr stark auf ein intensives Angriffspressing gelegt, so sei das Spiel des Jahn nun variabler. „Die Grundidee ist natürlich immer noch die gleiche. Es geht nicht mehr nur mit langen Bällen, man versucht immer mehr spielerische Lösungen zu finden. Hier ist noch Entwicklungspotenzial, aber der Jahn hat in den letzten Jahren gute Schritte nach vorne gemacht.“ Das deckt sich auch mit Mees‘ Einschätzung zur gesamten Liga. „Ich habe schon das Gefühl, dass inzwischen mehr Mannschaften versuchen, guten Fußball zu spielen als noch vor ein paar Jahren.“
Informatik-Studium neben dem Fußball
Mit dem Beruf als Fußballprofi lebt Mees derzeit seinen Traum. Dafür ist er als Jugendlicher, im Alter von 15 Jahren, von seinem Zuhause im Saarland weggezogen, hat drei Jahre bei einer Gastfamilie gelebt, um die Ausbildung in Hoffenheim genießen zu können. Was treibt einen 15-Jährigen an, das auf sich zu nehmen? „Ich wollte unbedingt Fußballprofi werden“, sagt Mees. Der Saarländer weiß aber auch, dass Fußball nicht alles ist. Nachdem er zunächst BWL studiert hatte, was ihm aber gar nicht gefiel, studiert er nun im zweiten Semester Informatik. Das logische Denken, das Problemlösen, habe ihm schon immer interessiert. Das Studium half ihm gerade in Zeiten, als er verletzt war oder wenig gespielt hat. „Da bekommt man das Gefühl, dass Fußball nicht alles ist und dass man auch nach der Karriere etwas machen kann, das einem Spaß macht. Das gibt einem Sicherheit und ein gutes Gefühl.“
Ein gutes Gefühl hat er nun auch vor seiner zweiten Leihe zum SSV Jahn. Viel verändert habe sich nicht sagt Mees. Bis auf den Kader und auch das neue Funktionsgebäude. „Ansonsten habe ich mich sehr schnell wieder heimisch gefühlt“, sagt er. Das ist eine Grundlage, damit Teamplayer Mees mit der Jahnelf eine erfolgreiche Saison spielen kann. Benedikt Gimber gefällt das.