Die Wiederkehr von Jahrestagen, seien es nun Geburts- oder Sterbetage herausragender Persönlichkeiten oder Jubiläen von Institutionen oder besonderen Ereignissen, gibt die willkommene Gelegenheit, einmal wieder Rückschau zu halten, Gegenwart und Vergangenheit einzuordnen und auch in die Zukunft zu schauen. So ein Tag ist auch der 24. März, an dem wir dem Tode des berühmtesten und bis in unsere Zeit erfolgreichsten Fußballers aus Regensburg gedenken, der sich 2024 zum 30. Male jährt. Die Rede ist natürlich von Hans Jakob (1908 bis 1994), dem bis heute einzigen deutschen Fußball-Nationalspieler des SSV Jahn Regensburg.
Anlässlich des bevorstehenden Drittliga-Spiels am 30. März gegen Halle, das auch im Zeichen des Alt-Internationalen stehen wird, erinnert Jahn Archivar Prof. Dr. Wolfgang Otto an den einzigartigen Jahn Torhüter. Lest hier Teil 1, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 der Serie.
Teil 5: Wirkung und Nachruhm des „langen Hans“
Über den FC Lichtenfels in Oberfranken, dem der inzwischen fast 38-Jährige im Jahre 1946 zum Aufstieg in die zweitklassige Landesliga verhalf (auch der SSV Jahn spielte seinerzeit in dieser Spielklasse) kehrte Hans Jakob nach dem Zweiten Weltkrieg wieder dauerhaft in sein Regensburg zurück, wo er in den 1950er und 60er Jahren immer wieder auch Funktionen übernahm – nicht mehr in der allerersten Reihe, aber immer höchst effektiv. Groß dürfte die Freude gewesen sein, als er Ende der 1950er Jahre seinen 1938 geborenen Sohn Hans-Dieter im Kader der „Ersten“ spielen sah, wobei klar ist, dass es für den jungen Jakob nicht einfach gewesen sein dürfte, mit diesem großen Namen diesen Weg zu bestreiten. Jakob junior blieb übrigens wie sein Vater zeitlebens ein echter Jahnler, was so weit ging, dass er im Rahmen einer Mitgliederversammlung in der Jahn Tribüne im Sommer 2000 an seinem Stammplatz verstarb. Erst vor kurzem, im Oktober 2023, verstarb auch Jakobs Tochter Ingrid Jakob-Sommer. Sein Enkel Axel Sommer wendete sich im vergangenen Jahr an das Jahn Archiv auf der Suche nach einem Gemälde, das Anfang der 1930er Jahre der damals durchaus arrivierte Kunstmaler Heinz Gassner vom jungen Nationaltorwart gemalt haben musste. Es mag zu der Zeit entstanden sein, als ein anderer, ungleich bekannterer Künstler, Max Wissner, Jakob an der Decke der gerade errichteten Jahn Tribüne im Bild festhielt. Jüngst war dieser Bildausschnitt im Rahmen der Ausstellung „1-3-2 I Der Jahn steigt auf!“ im Historischen Museum zu besichtigen. In der Stadt Regensburg und Umgebung leben übrigens auch noch Nichten des Alt-Internationalen und auch ein renommiertes Mitglied des heutigen Vereinsvorstands gehört dem erweiterten Kreis der Familie Jakob an.
Hans Jakob war nicht nur, aber insbesondere in seiner Heimat ein absoluter Star gewesen und blieb dies bis in seine letzten Jahre, in dem das Lob des Alt-Internationalen mal erfreut zur Kenntnis, mal – wenn auf der Jahn Tribüne zusammen mit alten Weggefährten weniger gute Spiele diskutiert wurden – gefürchtet wurde. Auf der Jahn Tribüne war der Akteur, der wesentlich durch sein Spiel erst zur Notwendigkeit dieses Baus im Jahre 1931 beigetragen hatte, noch in den 1980er und Beginn der 1990er Jahre ein gern gesehener Gast und hatte die Deutungshoheit inne. So, wie schon in den dunklen Jahren des „Dritten Reichs“, als Jakob, der ansonsten nicht dafür bekannt war, seinen Prominentenstatus auszunutzen, ein starkes Zeichen gegen die menschenfeindlichen Regularien des NS-Systems setzte, die natürlich auch in Regensburg herrschten. Einem Interview, das der bekannte Regensburger Journalist Horst Hanske, in den neunziger Jahren mit der Exil-Regensburgerin Elisabeth Schwarzhaupt führte, verdanken wir einen beeindruckenden Beweis für das Wesen Hans Jakobs. Das Ehepaar Schwarzhaupt aus einer Regensburger Kaufmannsfamilie, war seit der Pionierzeit des Jahn Fußballs Freund und Mäzen des Vereins, mit dem Jahn-Torwart bestand eine persönliche Freundschaft. Etwas verwundert fragte Jakob einmal nach dem Erlass der alle „Nicht-Arier“ vom öffentlichen Leben, so auch Fußballspielen, ausschließenden Nürnberger Gesetzen, bei Elisabeth Schwarzhaupt an, warum diese nicht mehr ins Jahnstadion komme. Aufgeklärt über den Hintergrund nahm Jakob seine Bekannte beim nächsten Spiel selbst mit auf die Tribüne. Keiner der anwesenden Nazi-Größen dort wagte gegen diesen couragierten Schritt aufzustehen. Instinktiv muss auch der Benediktinerpater Amandus Wolf vom Humanistischen Gymnasium Augsburg gewusst haben, aus welchem Holz der Jahn „Portarius“ war. Begeistert von einem Spiel des Jahn in Augsburg im Februar 1935 ließ er in der darauffolgenden Woche von seinen Schülern ein Loblied auf Jakob ins Lateinische übersetzen…
Es gab leider zu wenige Hans Jakobs, der sicherlich kein Widerstandskämpfer per se war, aber wusste, was Herz, Kameradschaft und Treue verlangen. Dies war übrigens, glaubt man dem Vorwort des Nürnberger Olympia-Verlags zum bereits erwähnten Buch des Torhüters aus dem Jahre 1949, auch der Grund, warum man gerade Hans Jakob auch bat, die Buchreihe zu den berühmten Sportgrößen zu starten. Dr. Friedebert Becker, der während des Krieges zum Dissidenten geworden war und nach seiner Rückkehr den deutschen Nachkriegssportjournalismus wieder aufbaute, schrieb im Vorwort:
„Wir können Hans Jakob zu der Jugend sprechen lassen, weil wir ihr zuflüstern dürfen: spielt nicht bloß so gut und geschickt wie er, sondern bleibt auch immer so anständig und fair wie er.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.