Die “Jahnschmiede” ist heute ein von DFB und DFL lizenziertes Leistungszentrum der Kategorie 1 und Anlaufstelle für die professionelle Ausbildung aller Talente der Region Ostbayern. Das war nicht immer so. Noch vor rund zehn Jahren führte der Weg einiger vielversprechender ostbayerischer Talente an Regensburg vorbei, vorbei am SSV Jahn in die Leistungszentren anderer bayerischer Profivereine. Welche Entwicklung passierte über die Jahre im Jahn Nachwuchs und wie sieht die gegenwärtige Arbeit mit den potenziellen Jahn Profis von morgen aus? Ein Blick zurück, wie sich die Nachwuchsarbeit, getragen vom persönlichen Engagement Einzelner zum professionell geführten Leistungszentrum Jahnschmiede wandelte.

Wir befinden uns am Ufer der Donau im Westen von Regensburg. Am Trainingsgelände Weinweg treffen nach und nach die Spieler ein, teils in Kleinbussen, die sie vom Bahnhof oder aus den umliegenden Ortschaften zum Training bringen. Die Trainingsklamotten haben sie schon an. Umkleiden gibt es nur in provisorischen Containern. Die Bedingungen haben sich über die Jahre wenig verändert, doch die Arbeit, die dort mit den Talenten verrichtet wird, schon.
Vor über zehn Jahren - zwischen Maulwurfshügeln und abgenutztem Rasen - versuchten die handelnden Personen damals alles, um die Fußballjugend der Stadt konkurrenzfähig zu machen - ehrenamtlich versteht sich. „Mit viel persönlichem Engagement und Leidenschaft haben alle ihr Bestes gegeben, allerdings fehlten die Rahmenbedingungen und ein klarer Plan“, erzählt Johannes Frisch, der seinerzeit einer der ersten Teilzeitkräfte war und nun seit einigen Jahren hauptamtlich im Bereich Organisation in der Jahnschmiede beschäftigt ist. Die finanziellen Möglichkeiten, sich hauptamtlich um die Ausbildung der Talente zu kümmern, waren nicht vorhanden. Bis ins Jahr 2015 hatte die Jahnschmiede lediglich zwei Mitarbeiter in Teilzeit beschäftigt, die sich um die vielfältigen Aufgaben bspw. von Passanträgen bis Spieltagsplanung kümmerten. Aus wenig viel zu machen, war schon damals die Devise. Von einer professionellen und ganzheitlichen Ausbildungsphilosophie, die als Leitfaden alle Jugendmannschaften einschloss, war man noch weit entfernt, eine Spielidee war noch nicht definiert. “Zwischen Oliver Hein und Alexander Weidinger haben den Sprung zu den Profis aus dem eigenen Nachwuchs nur wenige geschafft”, erzählt Frisch. Zu sporadisch sei die damalige Zusammenarbeit über die Altersstufen hinweg gewesen. Mit der Profiabteilung hatte man nur den Vereinsnamen gemeinsam. “Der rote Faden und die ganzheitliche Idee haben gefehlt.” Die Bestrebungen, ein Leistungszentrum zu werden, waren auch damals vorhanden, doch die Hürden zu groß.
„Der rote Faden und die ganzheitliche Idee haben gefehlt.“
Projekt “Jahnschmiede”: Aufstieg in die 2. Bundesliga 2016/17 als Katalysator
Die Initiative, die Situation des Nachwuchses zu verbessern, entstand aus den Überlegungen des damaligen Geschäftsführers und heutigen Ehrenvorsitzenden Dr. Christian Keller. Unter dem Projekttitel “Jahnschmiede” präsentierte Keller am Neujahrsempfang 2014 eine umfangreiche Reform sowie die Einreichung des Antrags auf die Einstufung als Nachwuchsleistungszentrum. Im Vorfeld wurden viele Prozesse angepasst und die Bemühungen, auch finanziell, intensiviert. Im selben Jahr fiel der Spatenstich zum Bau des neuen Jahnstadion Regensburg im Süden der Stadt. Die Jahn Profis konnten sich 2014/15 nicht in der 2. Bundesliga halten und mussten im darauffolgenden Jahr sogar den Gang in die Regionalliga antreten. Ein neuer Geist sollte jedoch dem SSV Jahn Aufschwung verleihen. Zeitgleich mit dem Wiederaufstieg der Profis in die 3. Liga 2015/16 erhielt auch der Jahn Nachwuchs im Jahr 2016 das Prädikat “Leistungszentrum” - ein großer Meilenstein für den Nachwuchsfußball in Regensburg.
Doch was bedeutet das eigentlich? Die DFL beschreibt damit ganz allgemein: “Die Leistungszentren sollen eine qualitativ hohe Ausbildung talentierter Nachwuchsspieler in den verschiedenen Altersklassen gewährleisten.” Um diesen Status zu erreichen, müssen umfangreiche Standards erfüllt, Nachweise eingereicht und langfristig eingehalten werden. Von den Arbeitszeiten der Physiotherapeuten bis zur Anzahl an hauptamtlichen Trainern gibt es viele weitere Beispiele, die für eine solche Lizenzierung relevant sind. Für die Jahnschmiede war dieses Siegel ein Qualitätsnachweis, aber auch ein Startschuss für weitere Entwicklungen. Denn: Neben der neu geschaffenen Struktur konnte durch eine erhöhte Anzahl an festangestellten Mitarbeitern das Leistungspotenzial angehoben werden. Das bedeutete vor allem in der Arbeit auf dem Platz mehr Kapazitäten zur Förderung der jungen Nachwuchskicker. Zeitgleich etablierte sich neben der Jahn Spielidee auch eine einheitliche Ausbildungs- und Trainingsphilosophie, die in vielen Arbeitsstunden ausgearbeitet wurde. Der gesamte Jahn Nachwuchs verfolgte fortan den gleichen Ansatz. In der alltäglichen Arbeit konnten so Standards in vielen Bereichen hergestellt werden, der rote Faden zog sich von nun an von der U11 bis zur U21 durch. Insbesondere in der individuellen Betrachtung und Förderung der Spieler gibt es klare Abläufe und Pläne. Jeder Spieler wird ganzheitlich analysiert, geeignete Maßnahmen werden entwickelt und gemeinsam mit ihm umgesetzt. Diese reichen vom Training auf dem Platz, VR-Software, über individuelle Programme im Bereich Athletik, Ernährung und Sportpsychologie.

Die Mitarbeiter der Jahnschmiede setzten in den letzten Jahren ihre Arbeit mit viel Engagement fort. Das bedeutet tagtäglich neue Ideen kreieren und in die Trainingspraxis umsetzen, die Jungs fordern und fördern sowie die Entwicklung der einzelnen Talente den Ergebnissen am Wochenende Vorrang einräumen. „Die inhaltliche Tiefe, wie wir Spieler begleiten können, wie detailliert wir uns mittlerweile mit ihnen auseinandersetzen und sie so unterstützen können, hat sich enorm verändert“, sagt Christian Martin, der seit 2016 als Leiter der Jahnschmiede im Amt ist, und erklärt: „Ein entscheidender Faktor ist die Qualität der Trainer, die am Ende mit den Spielern arbeiten. Hier konnten wir wahre Trainertalente für uns gewinnen.“ Trotz des damaligen Abstiegs der Profis 2023 in die 3. Liga setzte sich der SSV Jahn sehr für die Förderung der Nachwuchsarbeit ein und erhielt die Einstufung in Kategorie 1 der Leistungszentren. Diese stellt die höchste Stufe der Kategorisierung dar. Die nachweislich beste Bescheinigung sieht in den letzten beiden Jahren man dem Platz: Mit Jannik Graf, Kelvin Onuigwe, Jonas Bauer, Max Meyer, Christian Schmidt, Leopold Wurm und Ben Kieffer brachten es gleich acht Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu Ihrem Profidebüt für den SSV Jahn – sie sind die Früchte aus der intensiven Arbeit der letzten Jahre. Ihrem Vorbild sollen weitere folgen.

Ganzheitliche Ausbildungsphilosophie als treibende Kraft
Die Jahnschmiede hat das klare Ziel, möglichst viele Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in die Profimannschaft zu integrieren. Dafür setzt sie auf eine exzellente, ganzheitliche Ausbildung, die auf drei Säulen basiert: Persönlichkeitsentwicklung, Schul- bzw. Berufsausbildung und fußballerische Förderung. Neben der sportlichen Exzellenz legt sie besonderen Wert auf soziale Kompetenz, charakterliche Integrität und Bodenständigkeit. Die jungen Talente sollen nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Gesellschaft bestehen können – mit einem soliden schulischen oder beruflichen Fundament als Basis für eine erfolgreiche Zukunft. „Wir gehen unseren eigenen Weg und wollen für die Region Ostbayern eine Anlaufstelle für alle Nachwuchstalente sein und diese fördern“, sagt Martin.
Damit diese Ziele erreicht werden können, beschäftigt die Jahnschmiede mittlerweile 14 Vollzeitkräfte, vier Mitarbeiter in Teilzeit und über 20 weitere Fachkräfte. “Wir haben so die Kapazitäten, jedem Spieler zur Seite zu stehen und für sie individuell angepasste Lösungen und Ideen zusammenstellen zu können", erklärt Martin. Das bezieht sich nicht nur auf die technischen und taktischen Leistungsbausteine, auf die es im Fußball ankommt. Die ganzheitliche Ausbildung soll eben auch die Persönlichkeit der Nachwuchsspieler formen. Mit den Sport-Psychologen und -Pädagogen Fabian Daiß und Antonie Höldrich stehen den Jahn Talenten zwei kompetente Ansprechpartner zur Seite, die sich nicht nur mit Themen auf dem grünen Rasen befassen, sondern darüber hinaus unterstützen. Mit den vielfältigen Schulkooperationen sowie dem PINDL-Internat sollen sich die Spieler im familiären Umfeld des SSV Jahn geborgen und aufgehoben fühlen. Bei Verletzungen oder der Leistungsoptimierung stehen mit Pepe Warminski und Simon Hecht Spezialisten zur Seite, die neben den richtigen Stabilisationsübungen auch hilfreiche Tipps für besseren Schlaf oder die richtige Ernährungsweise geben können. „Hier wollen wir unsere Talente bestmöglich stärken und das Potenzial dieser Region ausschöpfen“, sagt Christian Martin.
Jedoch stößt der Jahn Nachwuchs an infrastrukturelle Grenzen. Der mittlerweile zehn Jahre alte Kunstrasenplatz am Kaulbachweg war vor einigen Jahren ein großer Meilenstein, doch genügt den beinahe zehn Mannschaften nur noch bedingt. In den Wintermonaten tummeln sich drei bis vier Teams gleichzeitig auf einem Platz. Abhilfe soll hier in die Rasenflächen am Standort Rosenhof leisten. Die Planungen sind im Gange, doch auch dann sind es wie schon heute auf den Trainingsplätzen am Weinweg die Menschen, die die Jahnschmiede auszeichnen.
„Die inhaltliche Tiefe, wie wir Spieler begleiten können, wie detailliert wir uns mittlerweile mit ihnen auseinandersetzen und sie so unterstützen können, hat sich enorm verändert.“