Im Jahnzeit Titelinterview der April-Ausgabe stellte sich das Jahn Trainerteam hinter Chef-Trainer Joe Enochs vor. Den Anfang machte dabei Co-Trainer Andreas Patz. Der 40-jährige gebürtige Thüringer sprach dabei unter anderem über seine Vision von Fußball, wie er zum Trainerberuf gekommen ist und welche Erfahrungen er bereits gesammelt hat. Welche Rolle dabei die Analyse von Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo im Rahmen der EM-Qualifikation gespielt und wie er sich in Regensburg eingelebt, verrät er Euch hier.
Jahnzeit: Jeder Trainer hat eine grobe Vision des Fußballs, den er gerne sehen und spielen möchte. Wie sieht deine Vorstellung aus?
Andreas Patz: Bei der Vision ist vieles deckungsgleich zur Vorstellung des SSV Jahn. Ich möchte frühes und aggressives Vorwärtsverteidigen sehen. Die Mannschaft soll offensiv ausgerichtet mutig, variabel und zielstrebig Richtung gegnerisches Tor agieren.
Deine Karriere hast Du bei einem Stützpunkt in Thüringen, deiner Heimat, gestartet. Was hat dich zum Trainerberuf gebracht?
Tatsächlich ist das mehr oder weniger über Umwege passiert. Ein Trainerkollege und guter Bekannter von mir hat gefragt, ob ich bei ihm aushelfen könnte. Das war bei einer Nachwuchsmannschaft. Das habe ich gerne übernommen für zunächst zwei Wochen. Es hat mir von Anfang an sehr viel Spaß und Freude bereitet. Mich hat es gleich gepackt und ich wollte mehr wissen, um den Jungs etwas beizubringen. Mich hat es gleich gepackt und ich habe großen Gefallen daran gefunden. So ging es immer weiter. Es hat sich verselbstständigt. Mit jeder Lizenz, die ich gemacht habe, und dem tiefgründigen Wissen, hat sich mein Verlangen nach mehr gestärkt. Der Spaß und die Freude daran haben mich immer angetrieben. Dort, wo ich tätig war, habe ich stets mein Bestes gegeben. Ich wollte alles aufsaugen und alles raushauen. Klar gab es auch schwierige Phasen zu überstehen, aber wirklich daran gezweifelt, ob es das richtige ist, habe ich nie.
Als Chef Analytiker bist Du 2017 zur ungarischen Nationalmannschaft gekommen. Wie ist es zustande gekommen und was hast Du dort erlebt?
Zu dieser Zeit arbeiteten einige deutsche Kollegen bei der ungarischen Nationalmannschaft. Mit einem Kollegen habe ich zusammengearbeitet, über ihn kam der Kontakt auch zustande. Der damalige Nationaltrainer Bernd Storck und Co-Trainer Andi Möller haben mich dann eingeladen. Wir haben schnell zueinander gefunden. Für mich ging es dann direkt los mit den ersten Länderspielen in der WM-Qualifikation gegen Portugal. Das war ein einschneidendes Erlebnis, das hängengeblieben ist. Die gesamte WM-Quali war ein einziges Highlight. Als ich Portugal analysieren musste, habe ich erst ein, zwei Blicke gebraucht, um zu realisieren, was ich hier gerade machen darf (lacht). Aber im Endeffekt geht es um Fußball und die bestmögliche Vorbereitung meiner Mannschaft auf den nächsten Gegner. Dennoch haben wir uns lange den Kopf zerbrochen, gerade Spieler wie Christiano Ronaldo in den Griff zu bekommen. Nach einer halben Stunde stand es dann gleich 0:2. Cristiano Ronaldo traf gleich (schmunzelt). Am Ende hieß es 3:0 für Portugal und zwei Tore von Ronaldo. Auf solche Ausnahmespieler zu treffen und das live zu erleben, war ein besonderes und schönes Erlebnis.
Welche Aufgaben im Bereich der Analyse decken sich zur jetzigen Tätigkeit beim SSV Jahn?
Bei der ungarischen Nationalmannschaft ging es vorrangig um die Analyse der gegnerischen Teams und das Beobachten unserer Nationalspieler in ihren Vereinen. Die Tätigkeit jetzt als Co-Trainer ist eine ganz andere. Hier steht die Arbeit auf dem Platz mit der Mannschaft im Vordergrund. Natürlich fallen auch viele Analyseaufgaben mit an und hier da ist meine Tätigkeit bei der Nationalmannschaft mit Sicherheit eine Bereicherung. Was mir aber am meisten Spaß bereitet, ist die Arbeit auf dem Platz und der direkte Kontakt zu den Spielern.
Erfahrung auf dem Platz hast Du in der belgischen ersten Liga und bei Carl-Zeiss Jena sammeln können. Welche Erfahrungen hast Du aus dieser Zeit mitgenommen?
Als Co-Trainer von Bernd Storck habe ich bei Royal Mouscron und Cercle Brügge eine gute und lehrreiche Zeit im Ausland verbracht, bevor ich 2020 zurück nach Deutschland gekommen bin. Als Chef-Trainer der U19 von Carl-Zeiss Jena durfte ich erstmals Hauptverantwortlich eine Mannschaft betreuen. Das waren schöne Zeiten. Im Nachwuchs ploppen andere Themenfelder auf. Schule und Elternarbeit kommen beispielsweise dazu. Es war wertvoll für mich als Trainer. Gemeinsam haben wir den Aufstieg in die Junioren-Bundesliga geschafft und tolle Erlebnisse im DFB-Pokal gefeiert. Der anschließende Wechsel zu den Profis war natürlich noch einmal ein besonderes Erlebnis. Ein toller Schritt für mich, so einen traditionsreichen Verein in der Hauptverantwortung zu führen. Es hat mir als Thüringer viel bedeutet, vielleicht auch etwas mehr, weil man aus dem eigenen Bundesland kommt. Ich habe gemerkt, welchen Stellenwert der Verein für die Region und die Leute hat. In diesem Verein ist sehr präsent, was in der Vergangenheit alles passiert ist, wie beispielsweise das Europapokalfinale gegen Dinamo Tiflis und vorige Gegner wie AS Rom, FC Valencia und Benfica Lissabon. Dem ist man sich anfangs in diesem Ausmaß gar nicht bewusst, was das für die Außenwelt und für die Fans bedeutet.
Wie würdest Du deinen Führungsstil beschreiben?
Ich versuche jeden zunächst sehr gut kennenzulernen und ein gutes Verhältnis zu ihm zu haben. Es ist mir einfach wichtig, erstmal den Menschen hinter den Spielern zu sehen. Deswegen würde ich sagen, neben dem Platz eher der freundschaftliche Typ, der mit den Jungs auch mal gerne einen Spaß macht. Auf dem Platz ist es mir einfach wichtig klar und deutlich zu sein, das ist die Zeit in der es um etwas geht, Inhalte für die Mannschaft und jeden einzelnen besser zu machen. Dafür ist voller Einsatz und Bereitschaft mir sehr wichtig.
Wie hast Du Dich als gebürtiger Thüringer in der Oberpfalz eingelebt?
Mir gefällt es ausgesprochen gut. Für mich macht es einfacher, dass meine Familie ebenfalls hier ist. So fiel das Einleben deutlich leichter. Wir fühlen uns in der Stadt und der Region sehr wohl und haben uns gut zurechtgefunden. Die Stadt ist einfach nur zum Wohlfühlen. Das muss man so ehrlich sagen. Hier gibt es alles, was man braucht. Wir vermissen nichts. Natürlich ist es auch immer schön in der Heimat zu sein, aber insgesamt kann man schon sagen, dass wir uns hier pudelwohl fühlen. Wir unternehmen viel miteinander und fahren gerne Fahrrad mit der ganzen Familie. Dafür bieten die Stadt Regensburg und die Donau tolle Gelegenheiten.
Neue Perspektiven durch den Fußball-Lehrer & Anekdote über Philipp Tschauner
Du absolvierst zusätzlich den Lehrgang zum Fußballlehrer. Wie läuft das konkret ab und welche Aspekte kannst Du mit der Tätigkeit beim SSV Jahn verbinden?
Der Fußballlehrer dauert ein Jahr lang. Wir sind modulweise von Sonntag bis Mittwoch weg. Die Module sind grundsätzlich unterschiedlich terminiert. Einmal oder zweimal im Monat verteilen sich die verschiedenen Inhalte auf das ganze Jahr und auf verschiedene Standorte. Hauptstandort ist Frankfurt. Zuletzt waren wir in Belgien oder in Wolfsburg. Es gibt also verschiedene Anlaufstellen, wo wir unsere dreieinhalb Tage Lehrgang durchführen. Beispielweise gibt es immer andere Perspektiven auf den Fußball und natürlich auch viele andere Übungen von Kollegen, wo man immer etwas für sich mitnehmen kann. Mir bereitet es definitiv großen Spaß.
Zur letzten Frage darfst Du eine lustige Anekdote über den nächsten in der Interview-Reihe erzählen: Philipp Tschauner.
Zu sehr in die Pfanne hauen, will ich ihn nicht (Spaß). Tatsächlich gibt es da aber auch gar nicht so viel über Tschauni. Tschauni ist Kassenwart unserer Trainerkasse und ist nebenher noch hauptverantwortlich für die Versorgung unserer Gummibärchen Büchse (lacht). Ansonsten was mir noch einfällt ist, das er sehr abergläubisch ist und gerade nach Siegen genau darauf achtet wer was gemacht hat und er sogar immer unser Handtuch für uns schön auf dem Platz legt (lacht)